Electric Book Fair: was kommt nach dem eBook?

eReader auf der Electric Book Fair Berlin

Ein einsamer eReader auf der Electric Book Fair. Während meine müden Augen das digitale Lesen so genießen, lesen alle anderen schon längst auf Tablet oder Smartphone.

Eigentlich wollte ich die Electric Book Fair in Berlin als Leser besuchen, oder um genau zu sein: als bloggende Leserin. Schließlich hatte ich die Karte mit meinem Beitrag zur Blogparade „Mein erstes eBook – #1stebook“ gewonnen. Den Plan gab ich schnell auf, denn die Vielfalt der Themen und Sessions berührte so ziemlich alles, was ich mit Büchern mache.

eBooks verschenken – wie kann man daraus ein haptisches, persönliches Erlebnis machen? Wie hält man eine Backlist von 1500 eBooks auf dem technisch aktuellen Stand? Wie sieht der Lebenszyklus eines eBooks aus, welche Themen sind überhaupt für eBooks geeignet und welche Rolle spielen dabei Rezensionen und Preisaktionen? Kann man einen eBook-Verlag mit Wunderlist organisieren? Ab wann ist ein Selfpublisher ein Ein-Mann-Verlag? Was gehört alles zu dem Themenbereich Data Driven Publishing? Bieten eBooks leseschwachen Kindern Vorteile oder haben in diesem Fall Apps die besseren Karten?

Nicht alle dieser Fragen wurden in Sessions erörtert. Viele hochinteressante Diskussionen fanden zwischendurch auf dem Gang oder auf der Dachterasse statt. Eigentlich konnte man nirgendswo hingehen, ohne gleich in ein Gespräch verwickelt zu werden. Offen, neugierig, konstruktiv und sehr freundlich – das war die Grundhaltung der Teilnehmer der Electric Book Fair. Von der Frage „Was machst Du?“ kamen wir alle sehr schnell zur Folgefrage „Und wie machst Du das?“

Doch was wird mir als bloggende Leserin, ganz unabhängig von allen anderen Berührungspunkten, im Gedächtnis bleiben?

Das Gefühl, mit meiner Kreuz- und Querleserei nicht in die Denkmuster der Verlage zu passen. Es war viel von Zielgruppen die Rede, manchmal auch von Lesern. Doch mir kamen die Vorstellungen von Lesern häufig sehr eindimensional vor.

Natürlich gibt es ihn, den Genre-Leser, der auch nach 10 Jahren immer noch Krimis liest. Doch sind diese wirklich so häufig? Ich glaube nein. Eigentlich begegnen mir mehr Leser, wie ich selbst einer bin: solche, die von Trash bis intelligentem Sachbuch, von Schmöker bis Literatur einfach alles lesen. Einzige Bedingung: das Buch muss gut geschrieben und gut gemacht sein. Große Hoffnung bei der Buchauswahl: dass das Buch das eigene Leben bereichert und den Menschen berührt.

Natürlich haben Leser wie ich auch ihre Vorlieben, ihre Autoren oder Verlage, zu denen sie bevorzugt greifen. Doch entspringt das mehr einem Sicherheitsbedürfnis und dem Wunsch, ohne viel nachdenken zu müssen zu einem zufrieden stellenden Leseerlebnis zu kommen. Das auf einer solchen Vereinfachung ganze Programmstrategien basieren, kann wohl kaum im Sinne des Lesers sein.

Genauso, wie ich als Leser zwischen Papier und eBook wechsel, genauso wechsel ich auch durch die Genres und Themen – hybrid lesen in jeder Hinsicht. An das wechselnde Medium können sich Verlage anscheinend leichter gewöhnen.

Während mir diese Gedanken schon durch den Kopf gingen, begann die letzte Session der Electric Book Fair. Sie widmete sich der Frage „Was kommt nach dem eBook?“ Dabei ging es erstaunlicherweise nicht um Technik. Mein persönliches Fazit aus dieser spannenden Diskussion bot mir als Hybrid-Leserin auch wieder Trost:

Ich bedanke mich beim Organisationsteam der Electric Book Fair #ebf16, den Sponsoren und allen Teilnehmern für zwei sehr inspirierende Tage, an denen ich viel gelernt habe! Wer gerne noch mal meine Ansätze zum Thema Buchblogger lesen möchte, findet hier eine Zusammenfassung der Session vom Literaturcamp Heidelberg. Das Online-Magazin meiner Session-Partnerin findet Ihr hier: Tell – Online-Magazin für Literatur und Zeitgenossenschaft

 

Update & Netzlese:

Wie sich dieser fremde Planet namens Electric Bookfair anfühlt, wenn man eher zufällig dort strandet und zudem zu Beginn davon überzeugt ist, dass PDFs mit verstellbarer Schriftgröße einfach nur Quatsch sind: Litaffin Blog

„Das E-Book allein ist bestimmt nicht die Zukunft des Buchmarkts, aber vielleicht das E-Zusammenspiel und die E-Kreativität eines E-Literaturbetriebs. “

Digitur mit einem Videobeitrag, der den beiden Kuratorinnen viel Raum gibt, Hintergründe aufzuzeigen.

8 Kommentare

  1. Zielgruppen verstehe ich, aber das mit dem „eindimensionalen Leser“ verstehe ich gerade nicht, ohne dabei gewesen zu sein. Denken die Verlage wirklich so? Und selbst wenn, was wäre das Problem?

    Im Grunde ist es doch einfach nur so, das jeder Mensch natürlich in sehr viele verschiedene Zielgruppen fällt. Ich als Leserin bestimmt auch in mehr als 20, die mir spontan einfielen (und dabei ist „Leserin“ ja auch schon eine Zielgruppe). Ich glaube aber, dass die Verlage einen trotzdem mit ihrer Kategorisierung erfassen. Dabei stört es doch nicht, wenn Leute aus der Zielgruppe _auch_ andere Bücher lesen, oder?

    • Liebe Andrea,
      ich konstruiere mal zwei Beispiele: „Endlich erschienen: der 10. Band der Fantasy-Serie, von den Fans lange erwartet“. Richtet sich eindeutig nur an die bisherigen Fans – aber vielleicht würde mich die Serie genau jetzt als Einsteiger interessieren? Oder auch: Für alle Leser von XY. Passt bei mir nie, weil mich XY nicht interessiert – selbst wenn dieses neue Buch etwas für mich wäre.

      Meine Art zu lesen fällt bei diesen Rastern, bei diesen Vereinfachungen, immer raus. Macht ja erst mal nichts – aber wenn diese Raster Basis der Programmplanung werden „wir brauchen ein Buch wie XY“ – dann wird es für mich tricky.

      Ob die Verlage wirklich genauso agieren – ich hoffe doch nicht! Aber da war so eine Grundtendenz in den Gesprächen, die mich … beunruhigt. So einfach ist der Leser nicht gestrickt, wie die Überraschungserfolge beweisen.

    • Ah, Danke für die Beispiele, jetzt ist es mir klarer. Na gut, das sind natürlich vor allem Konzepte, die sich für die PR Leute leicht denken lassen und erstmal einleuchtend begründet klingen.
      Ich verstehe Dich da gut, sowas spricht mich meist auch nicht an. Natürlich macht es Sinn die Fans einer Serie beim nächsten Band anzusprechen aber ja, die Zielgruppe wird durch so etwas viel kleiner.

      Und bei einem allein stehenden neuen Buch mit irgendeinem anderen Buch zu werben, statt mit dem was dieses Buch besonders macht, ist auch riskant. Das kann man _auch_ machen aber als alleinige Maßnahme? da wäre ich dann auch raus, weil ich nicht alle Neuerscheinungen, auch nicht alle Bestseller so verfolge, als das ich immer wüsste, wovon die Rede ist.

      Was ich absolut nicht abkann, ist wen Titel so gewählt werden, dass sie früheren erfolgreichen Titeln ähneln. Sowas wie „ziemlich beste Feinde“ oder „die 97-jährige, die über die Türschwelle trat und sich den Fuß verstauchte“… hab ich mir grad ausgedacht, aber das erste wird es bestimmt schon irgendwo geben. *Augen roll*

      Nur da diese Praktiken weiter verwendet werden, scheinen sie ja auch bei vielen Leuten zu funktionieren, hm?

    • Für die 97-jährige solltest Du schon mal Titelschutz beantragen – das könnte was werden! 😉

  2. Liebe Dagmar,
    sehr spannend, wohin es mit den eBooks geht. Als Fotografin interessiert mich natürlich immer, wie es mit den Fotos in eBooks weiter geht. Habt ihr darüber zufällig auch gesprochen?
    Liebe Grüße
    Manuela

    • In den Sessions, die ich besucht habe, nicht. Aber mich interessiert das auch. Romane als eBooks – fein. Aber schon bei Sachbüchern mit Fotos, Tabellen oder anderem sinnvollen Ergänzungen wird es schwierig. Und Fußnoten sind immer noch die Stolperfalle für eBooks schlechthin.

  3. War aber sehr nett, dich getroffen zu haben! Liebe Grüße von Tania

    • Das finde ich auch! Und danke für den kurzen Einblick in Deine Feldversuche zum Thema eBooks für Kinder – ich werde das weiterverfolgen!

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