Auf dem Burning Man Festival wollte Daniel Pinchbeck eine Revolution anzetteln. Lasst uns die Figur nicht verbrennen, das Festival nicht beenden. Wir bleiben genau hier zusammen und erarbeiten Strategien, Techniken und Anleitungen zur Rettung der Welt, denn hier auf dem Festival sind alle Menschen zusammen, die wir dafür brauchen.
Die Revolution fand nicht statt, seine Idee war wohl selbst für das Burning Man Festival zu sperrig.
Zum Glück. Daniel Pinchbeck musste wieder hinaus in die Welt und dort weiter an seinen Visionen feilen.
Den aktuellen Stand seiner Überlegungen hat er jetzt in „How soon is now?“ zusammengefasst. Sein Buch hat Wucht. Es ist alles andere als depressiv, denn Pinchbeck ist fest davon überzeugt, dass die aktuellen politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Krisen uns, die Menschheit, zu guten Veränderungen zwingen werden.
Ohne Krise keine Veränderung und je größer die Krise, desto größer fällt der Entwicklungssprung aus. So betrachtet haben wir also gute Karten.
Buckminster Fuller, Tamera und immer wieder Hannah Arendt
Daniel Pinchbecks Gehirn ist definitiv anders verdrahtet und schneller getaktet als meines. Möglich, dass seine Experimente mit psychedelischen Drogen, von denen er immer wieder erzählt, dazu beigetragen haben. Er selbst schließt das nicht ganz aus. Natürlich geschah alles aus wissenschaftlicher und journalistischer Neugier heraus. Warum auch sonst?
Pinchbeck lesen, ihm beim Denken zuzusehen, ist ein wenig wie Vogelschwärme beobachten. Sie fliegen hierhin und dorthin, hoch in den Himmel und zurück zur Erde. Der Schwarm bildet ein Muster, löst es auf und setzt es wieder neu zusammen und man selbst denkt so bei sich: Ah, so kann das also auch aussehen.
Mit schneller Taktung springt er von Buckminster Fuller zu aktuellen Forschungen, von Camus zu Hannah Arendt, von den Gründervätern der USA in den Weltraum und wieder zurück zu Projekten wie Tamera, streift die Anarchisten, beruft sich auf Gesellschaftsmodelle indigener Völker, nimmt Milton Friedman auseinander, zitiert Jeremy Rifkin und schwärmt von Solarenergie. Er beginnt mit dem Blick des Wissenschaftlers und schreibt sich schnell in einen mitreißenden Rausch – Kapitel für Kapitel aufs Neue. Laut gelesen haben seine Absätze einen unglaublichen Vorwärts-Drang, der mich in Rhythmus und getrieben-sein an die Beat Generation erinnert.
Wir haben die Wahl
Schon nach wenigen Seiten war ich mir sicher, dass mir in dem Buch ein Herzens-Zitat begegnen wird. Es kam auf S. 219 und hatte, was in dem Buch selten ist, weder mit Wissenschaft noch mit Politik zu tun:
Unsere Gedanken, Absichten und Glaubensvorstellungen sind sehr mächtig. So wie die indigenen Völker auch, verarbeiten wir unsere Erfahrung mit der Welt zu Geschichten und Mythologien. Wir haben keine Wahl, wir müssen Geschichten erfinden; das ist ein untrennbarer Teil dessen, was wir sind. Wir tun es unablässig. Aber wir können wählen, was für Geschichten wir erfinden und welchen wir folgen.
Daniel Pinchbeck – How soon is now
Wenn wir schon Geschichten erfinden müssen, dann lasst uns dafür sorgen, dass es gute, wohltuende Geschichten sind. Das könnte mein Lebensmotto sein und das ist der Grund, warum ich blogge.
Ausgelesen und nun?
Und jetzt? Kann ein Buch die Welt retten? Nein, muss es aber auch nicht. Doch „How soon is Now?“ liefert uns Ideen, Ansatzpunkte, Strategien und – für mich das Wichtigste – jede Menge gut begründete Zuversicht. Eigentlich ist schon alles vorhanden, was wir zur Rettung der Erde und der Menschheit brauchen. Dann lasst es uns angehen!
Mehr Infos zum Buch:
How soon is Now?
Wie lange wollen wir noch warten? Ein Manifest gegen die Apokalypse
Übersetzt von Wolf S. Schneider
Interview mit dem Übersetzer
Scorpio Verlag
ISBN 978-3-95803-074-9
Einen Ohrwurm hatte ich während der Lektüre auch: