Urlaub verändert die Gesellschaft: eine Geschichte des Tourismus

TraumZeitReise.
Eine Geschichte des Tourismus.
Das Buch von Hasso Spode liegt auf einem Stadtplan von Venedig.

War der erste Pauschaltourist ein Pilger auf der Reise nach Jerusalem? Das ist nicht so abwegig, wie es zunächst klingt. Viele Pilger hatten schon im Mittelalter einen Reiseleiter, einen Schiffskapitän. Er beschaffte ihnen die nötigen, meist teuren Geleitpapiere, kümmerte sich um sichere Herbergen und sorgte dafür, dass seine Reisegruppe ihr Ziel auch fand. Somit sind die mittelalterlichen Pilgerfahrten eine der Wurzeln dessen, was wir heute als Pauschalurlaub bezeichnen.

In »TraumZeitReise. Eine Geschichte des Tourismus« benennt Hasso Spode noch weitere solcher Wurzeln. So führte die Naturverherrlichung der Romantiker dazu, dass aus dem lebensfeindlichen Hochgebirge ein Sehnsuchtsort wurde. Und die »Grand Tour« junger Adliger, aus der vielleicht das Wort Tourist entstand, ist die Blaupause für die Reisen des Bildungsbürgertums.

All das führte zu Phänomenen wie die Erfindung des Reiseführers oder der Gründung von Fremdenverkehrs- und Wandervereinen. Aus der Entdeckung der Sommerfrische wurde ein Aufschwung der Seebäder, was wiederum das Leben der bürgerlichen Familien beeinflusste. Zum ersten Mal verbrachte die ganze Familie – Vater, Mutter, Kinder – mehrere Wochen gemeinsame Freizeit. Reisen verändert den Menschen, der Tourismus veränderte die Gesellschaft.

Hasso Spode erzählt detailreich mit vielen Beispielen. Dabei nimmt er sich auch Zeit für Verblüffendes und Amüsantes. Es ist nichts Neues, dass Sehenswürdigkeiten, die »instagrammable« sind, besonders viel, ja vielleicht zu viel Zulauf erhalten. Selbst Insta-Filter gab es schon!

… bis hin zu den in den Gemälden vordefinierten Aussichtspunkten, die den ‚korrekten‘ Blick auf Berge, Burgen, Wasserfälle und Buchten boten; besonders ikonische Orte wurden sogar in bräunlich eingefärbten Handspiegel, den Claude-Gläsern betrachtet, um die Ästhetik der Bilder des Malers Claude Lorraine zu erzeugen.

Hasso Spode in: TraumZeitReise. Eine Geschichte des Tourismus. Seite 80

Sein 300-Seiten starkes Buch war mein Sommerbuch. Denn dieses Jahr hatte ich durch reichlich aufgelaufenen Resturlaub viel Zeit, mich um meine Erholung und Bildung zu kümmern. Jetzt weiß ich nicht nur, dass das die klassischen Urlaubszwecke sind – sondern auch warum. Und wenn ich in Zukunft eine Reisegruppe sehe, werde ich immer an Kreuzfahrer denken müssen …

»Reiseerlebnisse sind emotionale Höhepunkte, sie prägen das Selbst. Die Urlaubszeit, seit es sie gibt, fungiert als das ‚wahre Leben‘. Dabei ist es unerheblich, in wieweit der Urlaub die behauptete ‚Regeneration‘ objektiv bewirkt; ein Tapetenwechsel, nebst dem Ankommen daheim, tut der Seele jedenfalls gut.«

Schlusswort von Hasso Spode in TraumZeitReise. Eine Geschichte des Tourismus. S. 294

Bibliographische Angaben:

Hasso Spode
TraumZeitReise
Eine Geschichte des Tourismus

Bebra Verlag


Diese Rezension ist ein schöner Anlass, mal wieder auf das Handbuch für Zeitreisende hinzuweisen!

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