
Wir müssen reden. Dieser Satz kann ganz neutral gemeint sein. Doch in den meisten Fällen sorgt er für Kopfkino. Grübeln darüber, was das Gesprächsthema sein könnte. Eine leichte Nervosität, weil etwas Unangenehmes kommen könnte. Oder sogar Panik, weil der Adressat schlechte Erfahrungen mit Gesprächen gemacht hat, die so angekündigt wurden.
Das ist eines der vielen praxisnahen Beispiele, die Lisa Holtmeier in ihrem sehr hilfreichen Buch »Wortmedizin. Ungesunde Kommunikationsmuster durchbrechen und die mentale Gesundheit stärken« präsentiert. Von People Pleasing (ja statt nein sagen) bis toxische Positivität (hab schon Schlimmeres gesehen) erklärt sie typische Kommunikationsmuster, die uns im Alltag häufig begegnen.
Dafür steigt sie immer mit einem ausführlichen und gut gewählten Beispiel ein. Dann erläutert sie, was dahinter steckt und was dieses Sprachmuster in den Zuhörer*innen auslöst. Denn schlechte Kommunikation hallt lange nach. Sie bleibt im Menschen. Sie beschäftigt ihn und bindet Energie – selbst dann, wenn sie in dem Moment nicht als verletzend, sondern nur als seltsam oder störend empfunden wird.
Wie Worte wirken – Ein Plädoyer für bewusste Kommunikation
Holtmeier zeigt: Das können wir besser. Einmal, in dem wir von vornherein achtsamer formulieren. Aber auch, in dem wir häufiger in uns hineinhören und die eigenen Bedürfnisse achten. Möchte ich so angesprochen werden? Habe ich alle Informationen, die ich brauche? Das sind berechtigte Fragen, die uns zudem aus einem Reaktionsreflex herausholen.
Zugleich sollten wir anerkennen, dass nicht immer alles glatt laufen kann. Missverständnisse sind zutiefst menschlich. Dann helfen Empathie und Nachfragen. Beides können wir üben. Dafür liefert uns Lisa Holtmeier Strategien und konkrete Formulierungshilfen. Die Beispielsätze sind mir in einigen Fällen zu förmlich. Doch die Auswahl ist so groß, dass immer etwas zum eigenen Sprachgebrauch passt.
Ich habe schon lange keinen so wohltuenden und wertschätzenden Ratgeber wie »Wortmedizin« gelesen. Das Buch bietet einen niedrigschwelligen Einstieg in die Kommunikationspsychologie. Auf Grund der Alltagsnähe und der klug gewählten Gesprächssituationen ist es auch für Leser*innen geeignet, die sich noch nicht mit psychologischen Themen auseinandergesetzt haben. Aber auch alte Häsinnen finden hier jede Menge Inspiration und Input – ich garantiere, jede*r zuckt mindestens einmal zusammen und denkt sich „Ups, das könnte ich sein“!
Infos zum Buch:
Lisa Holtmeier
Wordseed – Worte säen, Gesundheit ernten
Wortmedizin
Ungesunde Kommunikationsmuster durchbrechen und die mentale Gesundheit stärken