Zuerst denken, dann klicken: die Fake-Jäger

Zuerst denken dann klicken. Mimikama Fake Jäger Buch. RezensionAm Anfang ging es hauptsächlich um schlechte Scherze wie die angeblichen Tierfänger, wahlweise Organjäger, im weißen Bulli. Das war in einer Zeit, als auf Facebook noch hauptsächlich Privates gepostet wurde. Doch jemand kannte jemanden, dessen Freund eine Schwester hatte, der genau das passiert war … Die Fake-Jäger nahmen sich dieser Scherze an und klärten auf.

Dann entdeckten die Firmen das Netzwerk, Facebook wurde kommerzieller und die schlechten Scherze änderten sich entsprechend. Gewinne das neue I-Phone oder einen 500€ Gutschein von wem auch immer, wenn – ja wenn Du Dich nur zum Narren machst und diesen Beitrag teilst: so lautete der klassische Hoax in dieser Phase.

Die Fake-Jäger blieben dran, prüften und veröffentlichten sachlich und von Beweisen gestützt, was an diesen Geschichten und Verschwörungstheorien dran ist: nichts. Absolut gar nichts.

Wofür ich sie immer bewundert habe ist, dass sie auch bei den abstrusesten Storys wie Essig gegen Chemtrails neutral blieben und die, die daran geglaubt hatten, nicht lächerlich gemacht haben.

Genau dieser Tonfall prägt auch das Buch und genau deswegen liest es sich einfach großartig! Die geheimen Superkräfte der Fake-Jäger lauten Recherche und Humor. Beides setzen sie im Dienste der Aufklärung ein – für die Menschen, für ein menschliches Internet.

Doch was bietet das Buch, was nicht schon auf der Webseite stand?

Tatsächlich entdeckte ich ein paar Fakes, die ich noch nicht kannte. Doch warum sich dieses Buch auch für die Leser lohnt, die schon regelmäßig die Webseite Zuerst denken, dann klicken besuchen oder der Facebook-Seite Zddk folgen, ist etwas ganz anderes.

Im Gegensatz zu den tagesaktuellen Beiträgen auf der Webseite können im Buch ganz anders Zusammenhänge und Querverbindungen aufgezeigt werden. Die Autoren nutzen das, um darzustellen, wie es kam, dass Facebook „auf einmal“ politisch wurde. Für die Fake-Jäger hängt das eng damit zusammen, dass deutsche Politiker der bürgerlichen Mitte 2013 das soziale Miteinander im Internet noch als #neuland bezeichneten:

Gerade durch diese Fehleinschätzung von höchsten Stellen und durch die daraus resultierende Vernachlässigung durch die Mitte der Gesellschaft haben die extremen Stimmen ein extrem wirkungsvolles Feld quasi kampflos überlassen bekommen.
Die Fake-Jäger S. 143

Auch einige der frühen Fakes enthielten Rassismus: der weiße VW-Bulli wurde angeblich von „Südländern“ gefahren, nachdem es zuvor Zigeuner waren, die dann später zu Rumänen wurden. Das war schon übel genug. Doch wie der Rassismus sich dann auf Facebook breit machte und für politische Manipulationen genutzt wurde, darauf waren wir nicht vorbereitet.

Über die sozialen Netzwerke hatten diese extremen Kräfte gleich Zugang zum intimsten Bereich ihrer bereits vorhandenen, aber auch der potenziellen Zielgruppen: dem privaten PC-Bildschirm in deren zuhause.
Dadurch erreichen Themen, die im Grunde kaum salonfähig sind, auf einmal Menschen …
Aus Mangel an Gegenargumenten und ohne Stimmen, die zur Besonnenheit mahnen, wirkt hier jede noch so krasse Theorie oder Behauptung plausibel.
Die Fake-Jäger S. 143/144

Doch die Fake-Jäger blieben auch jetzt, als es hässlich wurde und sie persönlich angefeindet wurden, dran. Danke dafür!

Warum ist das wichtig – auch für die, die Facebook nicht oder selten nutzen?

Wir können und dürfen nicht mehr zwischen „realer“ und „virtueller“ Welt unterscheiden … Die Realität diktiert das Virtuelle, das Virtuelle wirkt auf die Realität. Es ist quasi eins geworden. Aber das ist in den Köpfen vieler noch nicht angekommen.
S. 253

fake-jaeger-vorwort

 

Mehr Infos zum Buch beim Verlag

Tom Wannenmacher
Andre Wolf

Die Fake-Jäger – Wie Gerüchte im Internet entstehen und wie man sich schützen kann
ISBN: 978-3-8312-0441-0
Komplett Media

Die Fake-Jäger empfehlen das Buch „Hass im Netz“ von Ingrid Brodnig, das auch auf meiner Leseliste steht. Hier ein Interview mit der Autorin.

 

Ein Kommentar

  1. Pingback:Buchtipp: „Die Fake-Jäger“ @ gwup | die skeptiker

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