Nehmt den ganzen Menschen wahr: »Empathische Führung« von Lunia Hara

Buch von Lunia Hara: Empathische Führung

Dass ich noch einmal einen Management-Ratgeber lese, war so nicht geplant. Meine Karriereplanung ist genauso abgeschlossen wie meine Familienplanung. Es waren die Begriffe »empathisch« und »Mitgefühl« die mich bei Lunia Haras Buch elektrisierten. Sollte es jetzt wirklich in den Führungsetagen angekommen sein, dass da nicht eine Ressource am Schreibtisch sitzt – sondern ein Mensch, mit allem, was zum Menschsein gehört?

Die Antwort ist ein Jein. Ja, es gibt mittlerweile mehr Führungskräfte wie Lunia Hara, die immer den ganzen Menschen mitdenken. Aber wenn ich lese, wie viele Seiten sie dafür verwendet, zu beweisen, dass alle von einem dem Menschen zugewandten Führungsstil profitieren – auch die Bilanzen, der ROI und die Manager*innen selbst – dann weiß ich: Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.

Das Seelenleben bleibt nicht zuhause – Gedanken zu Lunia Haras »Empathische Führung«

Wie begann das eigentlich bei mir? Warum interessiere ich mich für Mitgefühl und Empathie in der Arbeitswelt? Das liegt an den Chefs und Chefinnen, die ich hatte. Da gab es den Personalchef, der zurecht bemerkte, dass die Stimmung schlecht sei. Im Einzelhandel ist das ein Umsatzkiller. Seine Lösung: ein Spiegel an der Tür vom Pausenraum in dem Laden. Darauf die Aufschrift: Lächeln!

Oder die Inhaberfamilie, deren Eheprobleme in der Firma ausgetragen wurden. Die daraus entstandenen Intrigen und Verwicklungen hätten für eine Staffel Denver Clan gereicht. Chefinnen, die dem Team eine klare Rolle zuwiesen: befördert meine Karriere und seid ansonsten ruhig. Chefs, die sich nur einen Weg aus der Überforderung vorstellen konnte: mittags einen Jägermeister am Kiosk holen, weil man ja Probleme mit dem Magen habe. Inhaber, die einen aufforderten, das Herz bei ihnen auszuschütten – nur um dann Munition für Disziplinarmaßnahmen zu haben. Vorgesetzte, die der Meinung waren, man könne ja nicht den ganzen Betrieb um „Befindlichkeiten“ drumherum organisieren.

Lunia Hara sagt: Doch, kann man. Sollte man sogar. Nehmt den ganzen Menschen wahr. Denn nur, wenn sich Mitarbeitende gesehen fühlen und Wertschätzung erfahren, entfalten sie ihr Potenzial. Wer die volle Leistung und das ganze Talent will, der muss seine Angestellten in ihrer Ganzheit annehmen.

Eigentlich logisch, oder? Schließlich lässt niemand sein Seelenleben, seine familiären Prägungen und privaten Herausforderungen zuhause, nur weil jetzt Arbeit angesagt ist. Weder die Chef*innen, noch die Mitarbeiter*innen. Wir tragen sie mit uns herum. Genauso wie das, was uns stark, kreativ und einzigartig macht.

Aber auch umgekehrt gilt: Schlechte Führung bleibt nicht im Büro, sie bleibt im Menschen. Wir nehmen üble Erlebnisse mit nach Hause und mit in uns hinein. Den Spiegel mit »Lächeln« habe ich im zweiten Ausbildungsjahr erlebt. Ich sehe mein Gesicht darin bis heute.

Klarheit, Respekt, Wertschätzung: Was es wirklich braucht für eine bessere Arbeitswelt

Über viele Seiten hinweg spricht Lunia Hara mir aus der Seele. Für meine Verhältnisse habe ich unüblich viele Stellen im Buch markiert. So wie diese:

Das meiste Leid entsteht nicht unbedingt dadurch, dass Wünsche und Bedürfnisse nicht erfüllt werden können, sondern weil Menschen nicht ausreichend informiert, eingebunden und wertgeschätzt werden. Transparenz, Unterstützung und Respekt können dazu beitragen, Spannungen abzubauen …
S. 55

»Empathische Führung. Wie wir die Arbeitswelt mit Mitgefühl revolutionieren« hat mir viel Klarheit im Rückblick geschenkt. Und das, obwohl ich nie in dieser Konzernwelt gearbeitet habe, in der Lunia Hara zuhause ist. Ich kenne keine Zielvereinbarungsgespräche, keine Entwicklungspläne und schon gar keine festen Gehaltsrunden.

Was ich aber kenne, ist dieses dringende Bedürfnis, den Arbeitsplatz und das Miteinander gestalten zu wollen. Das Staunen über die Talente meiner Kolleg*innen und die Freude an ihren Erfolgen. Das Gefühl, sich am Ende des Urlaubs auf die Arbeit zu freuen. Den Wunsch, an einem guten Ort zu arbeiten und Sinn zu erleben. Und schon allein durch das kollegiale Miteinander die Welt ein klein wenig besser zu machen. Lunia Hara beschreibt in ihrem Buch »Empathische Führung. Wie wir die Arbeitswelt mit Mitgefühl revolutionieren« was es dafür braucht!


Infos zum Buch:

Lunia Hara

Empathische Führung
Wie wir die Arbeitswelt mit Mitgefühl revolutionieren
Mit glücklichen Mitarbeitenden zu nachhaltigem Erfolg

DVA


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