
Es ist der knochentrockene, manchmal sarkastische Witz, der dieses Jugendbuch zusammenhält. Die Art Humor, der bei Jugendlichen häufig ein Anzeichen dafür ist, dass ihr Leben so gar nicht im Gleichgewicht ist. Bei Hoodie Rosen, der eigentlich Jehuda heißt, ist im Prinzip jede Welt für sich in Ordnung. In der einen ist er Jehuda, geliebter Sohn einer jüdisch-orthodoxen Familie. Sein Alltag kommt nicht-jüdischen Leser*innen durch die allgegenwärtigen religiösen Regeln vielleicht etwas ungewohnt, aber stets liebenswert-chaotisch vor. Jehuda ist eingebunden in das Gemeindeleben, lebt sich in spitzfindigen Diskussionen mit dem Rabbi aus und wird immer wieder Opfer der Streiche seiner Schwester.
In der anderen Welt ist er Hoodie und verliebt er sich in Anna-Maria, Tochter der Bürgermeisterin. Denn das, was für sie ein normaler, herzlich-offener Umgang ist, missdeutet er. Auf ein Mädchen wie sie hat ihn zuhause niemand vorbereitet. Rote Ohren, Missverständnisse und Situationskomik sind die Folge.
Aber ihre Freundschaft bleibt nicht unbeobachtet. Die erste Eskalationssstufe wird erreicht, als er mit ihr Hakenkreuze von einem jüdischen Grab entfernt. Was für die beiden Jugendlichen einfach nur moralisch korrekt ist, führt zur Ächtung von Hoodie in der Gemeinde. Sie sehen in Anna-Maria nur die Schickse, die zudem Tochter einer politischen Würdenträgerin ist, die den Juden das Leben schwer macht. Doch der antisemitische Terror, der wenig später von außen in den Ort getragen werden wird – darauf war niemand vorbereitet.
Schwere Themen? Ja, aber nicht unverdaulich. Voll das normale Teenie-Leben? Aber so was von! Und genau das ist das, was den Charme des Jugendbuchs von Isaac Blum ausmacht. Ja, »Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen« soll neugierig darauf machen, wie moderne und orthodoxe Juden heute leben. Es zeigt zudem verschiedene Nuancen von Antisemitismus auf und was es braucht, um die Spirale aus Vorurteilen und Extremismus zu durchbrechen. Aber vor allem ist die Hauptfigur Hoodie Rosen ein charakterstarker, humorvoller und liebenswerter Protagonist, der im Gedächtnis bleibt!
Infos zum Buch:
Isaac Blum
Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen
Übersetzt aus dem Englischen von Gundula Schiffer
Übrigens: es gibt auch Unterrichtsmaterial (Wink mit dem Zaunpfahl – das Buch ist wirklich toll als Schullektüre geeignet)
»Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen« im Unterricht
Differenzierte Materialien zum Jugendroman von Isaac Blum (Klassenstufe 8-10, mit Kopiervorlagen)
Eine ausführliche Rezension findet ihr auch auf dem Buchblog von Marsha alias MutterundSöhnchen und in der Süddeutschen Zeitung.
Falls ihr euch jetzt fragt, was das neben dem Buch auf dem Foto ist: es ist eine Kippa, die wir beim Besuch in der Neuen Synagoge in Pilsen in Tschechien erhalten haben. Die Besichtigung lohnt sich! Es ist eine Wohltat, eine Synagoge zu sehen, die ein so selbstbewusster und selbstverständlicher Teil des Stadtbild ist. Möge es in Zukunft überall so sein – und alle Kriege enden!


Jugendbücher sind zur Zeit nicht mein bevorzugtes Genre, aber die eine oder andere Backlist-Perle gibt es auf meinem Blog doch zu entdecken – meine Jugendbuch-Rezensionen im Überblick. Meine besondere Empfehlung: Tanz der Tiefseequalle von Stefanie Höfler