Die Banderole „Der Klassiker endlich auf Deutsch!“ in Kombination mit dem englischen Titel stört mich bei diesem Wälzer genauso wenig wie der Hinweis, dass dieses Standardwerk der Küchenwissenschaft den Weg zur Molekularküche ebnete.
Wenn dem wirklich so war, freut mich das für das Kochbuch. Für mich ist das jedoch nicht relevant, ist mir die Molekularküche in meinem persönlichen Küchen-Bermuda-Dreieck zwischen Omas Anrichte, stets zu kleinem Kühlschrank und Gasherd, der mit einer Gasflasche betrieben wird, noch nicht begegnet.
Allerdings habe auch ich mir schon in der Hoffnung auf ein perfektes Risotto fast eine Sehnenscheidenentzündung gerührt.
Jetzt, nach der Lektüre des sehr langen, sehr informativen und durchaus vergnüglich zu lesenden Kapitels über Reis und Risotto, verstehe ich auch, warum Risotto klebrig wird. Oder auch nicht. Oder auch zu klebrig. Erstens kommt es darauf an und zweitens gibt es eine chemische Formel dafür, die neben Stärke auch Physik enthält. Küchenwissenschaft eben.
Auf jeden Fall kann Harold McGee alles erklären und zwar so, dass das Lesen Spaß macht und die Informationen im Gedächtnis bleibt.
Die Sache mit dem Ei
Dass man ein rohes Ei nur in eine Schüssel Wasser geben muss, um zu erkennen, wie frisch es noch ist, hatte ich schon häufiger gelesen. Schwimmt es oben, ist es verdorben. Gebraucht habe ich den Frische-Test noch nie, aber jetzt weiß ich, warum er in alten Kochbüchern immer beschrieben wird. Der Trick stammt aus alten Zeiten, als die Hühner noch über den Hof rannten und man, wenn man irgendwo unter dem Gebüsch ein Ei fand, wirklich nicht wusste, wann es gelegt wurde. Harold McGee erklärt nicht nur den Test an sich und warum er funktioniert, sondern auch den geschichtlichen und kulturwissenschaftlichen Hintergrund. Faszinierend.
1008 Seiten Küchenwissenschaft lese auch ich nicht mal eben so. Um genau zu sein: ich lese nun schon mehrere Monate in „On food an cooking“. Ich habe keine Eile. Heute mal das Kapitel über grünen Tee, weil meiner schon wieder bitter war. Morgen die Erläuterungen zur guten Butter. Danach dann die Ausführungen zu gutem Kochgeschirr. Dazwischen Biologie, Physik, Chemie, Ernährungswissenschaften und Hauswirtschaftslehre. Und immer wieder gutes Essen aus hochwertigen Zutaten. Küchenwissenschaft – ein Studium, das mir sehr zusagt!
Weitere Angaben zum Buch:
Harold McGee
On food and cooking
Das Standardwerk der Küchenwissenschaft
1008 Seiten
Matthaes Verlag
ISBN: 978-3-87515-083-4
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