Stell dir eine KI vor, die zwei klare Hauptaufgaben hat: das Raumschiff verteidigen und dafür sorgen, dass es der Mannschaft gut geht. Über die Jahrhunderte hinweg entwickelt sich so eine KI, die ebenso kämpferisch wie fürsorglich ist.
Um ihre Aufgabe besser zu erfüllen, agiert sie als dezentrales Netzwerk. Sie ist genauso das Raumschiff wie alle Hilfseinheiten – Leichen, die mit KI-Bewusstsein wieder belebt wurden. Egal, von welchem Punkt aus sie agiert, sie bezeichnet sich als „ich“.
Das Raumschiff ist Teil eines Staatengebildes, dass seit Jahrhunderten auf Eroberung aus ist. An dessen Spitze eine weitere dezentrale KI, die schon so viele politische Ränkespiele gemeistert hat, dass sie nichts und niemanden mehr traut. Noch nicht mal sich selbst.
Wenn jetzt die Staaten-KI politisches Kalkül über das Wohlergehen der Raumschiffbesatzung stellt … dann sind wir mitten im SF-Roman »Die Maschinen« von Ann Leckie.
Die gesamte Handlungskonstruktion ist so vielschichtig und ausgeklügelt, dass ich mir bald dachte: liebe Autorin, ich habe keine Ahnung, was du da tust und auch nicht wie – aber ich lehne mich jetzt in meinem Lesesessel zurück und folge dir vertrauensvoll durch die Galaxien.
Der Übersetzer Bernhard Kempen toppt das Ganze noch. Zum Glück erläutert er in seinem Vorwort, was er getan hat. Das hat mir beim Einstieg in die komplexe Welt, die keine Geschlechter kennt und eine sehr eigene Vorstellung von Identität hat, sehr geholfen.
Das eher gemächliche Erzähltempo half ebenfalls. Genau wie der Rezensent des Standards fühlte auch ich mich stellenweise an den SF-Klassiker Dune erinnert. Und genau wie er war ich verblüfft, wie leicht sich ein Buch liest, das durchgehend und aus gutem Grund im generischen Femininum geschrieben wurde, und welche neuen Erzählmöglichkeiten sich daraus ergeben!
Infos zum Buch:
Die Maschinen
Ein Roman aus der fernen Zukunft
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