Kunst für Kinder – diesem Thema widmen sich mehr Bücher, als ich Kinder im Museum sehe. Manche hoffen auf die Neugier von Kindern, doch diese muss beim Thema Kunst meist erst durch einen Impuls außerhalb des Buches geweckt werden. Andere Kunstbücher für Kinder setzen auf die kindliche Kreativität. Doch nicht jedes Kind traut sich, im Anblick großer Künstler selbst etwas zu gestalten. Dann gibt es noch Bücher, die versuchen, das Kunsterlebnis in eine Erzählung einzubinden. Die wirkt aber häufig so konstruiert, dass Kinder misstrauisch werden. Schließlich haben sie ein feines Gespür dafür, was eine gute Geschichte ausmacht und wann ihnen die Erwachsen nur etwas beibringen wollen!
„Kleine Geschichten von großen Künstlern“ wählt einen anderen Weg. Laurence Anholt erzählt von Kindern, die wirklich gelebt haben und die wirklich berühmten Künstler*innen begegnet sind. Ergänzt werden diese wahren Begebenheiten von einer kindgerechten, kurzen Künstlerbiografie und Impulsfragen, die einen individuellen Zugang zu den Werken ermöglichen. Und natürlich von vielen Bildern, die die Bandbreite und das Leben der Künstlerinnen zeigen!
Das eröffnet neue Perspektiven und ermöglichte mir einen Zugang zu einer Künstlerin, mit der ich bisher nichts anfangen konnte: Frida Kahlo.
Mehr Kult als Kunst? Wenn der Mythos den Zugang blockiert
Würde mir Monet gefallen, wenn ich seine Seerosen zuerst auf einem Regenschirm gesehen hätte? Wohl kaum. Keith Haring begegnete mir vor allem auf Kaffeetassen. Einen Zugang zu seinen Bildern fand ich nicht. Und Frida Kahlo? Der Kult um die Malerin ist so groß, dass er für mich ihr Werk überdeckte. Die Legende, die feministische Ikone, die Lebensgeschichte! Doch wenn ich vor den Gemälden stand, empfand ich: nichts. Diese Frontalansichten, diese starren Gesichter. Ich hatte noch nicht einmal Lust, ihre Bildsprache zu enträtseln. Die Flut an Merch zu Frida Kahlo im Museums-Shop tat ihr übriges. Wir fanden nicht zusammen.
Von Mariana lernen: ein neuer Blick auf Frida Kahlo
Laurence Anholt erzählt in seinem Buch „Kleine Geschichten von großen Künstlern“ die Geschichte von Mariana. Sie wird, genau wie viele andere Familienmitglieder zuvor, von Frida Kahlo porträtiert.
Dafür besucht sie die Künstlerin in ihrem Haus. Mariana betritt die bunte, fast surreale Zauberwelt ganz unvoreingenommen. Frida, die wie immer ein langes Kleid trägt, erscheint ihr wie Prinzessin in einem magischen Reich.
Zack, da hatte mich das Buch. Warum konnte ich das nicht? Frisch und unbefangen auf das Werk einer Frau schauen, die ihr Leben selbst in die Hand genommen hat? Die Herrin ihres eigenen Reichs sein wollte?
Ich habe mich von Laurence Anholt durch Mariana an die Hand nehmen lassen und versucht, Frida Kahlo neu zu entdecken. Ich glaube, das wird was!
Bibliographische Angaben:
Laurence Anholt
Kleine Geschichten von großen Künstlern
Sammelband mit Geschichten über:
Van Gogh, Frida Kahlo, Cézanne, Picasso, Claude Monet, Marc Chagall, Degas und Leonardo da Vinci
Kindersachbuch, empfohlen ab 5 Jahren
Ohne Kunst, ohne mich: mehr Bücher über Künstlerinnen auf meinem Blog:
- Künstlerinnen in New York
- Die Surrealistin: Roman über Leonora Carrington
- Biographischer Roman über Anita Rée
- Die Künstlerinnen. Werke aus fünf Jahrhunderten