Nico

Nico. Das Buch liegt auf schwarzem Stoff.

Lineares Erzählen würde Nico nicht gerecht. »Nico. Wie kann die Luft so schwer sein an einem Tag an dem der Himmel so blau ist« versucht das auch erst gar nicht. Es ist keine Biographie, auch wenn Nicos Leben nacherzählt wird. Es ist kein Erklärungsversuch und auch keine Hommage. Es ist kein Werk über ihre Musik, auch wenn die Entstehung jeder Platte beschrieben wird und die Leser*innen mit auf ihre Konzerte genommen werden. Es ist ein düster schillerndes Kaleidoskop, gebildet aus vielen Einzelbeiträgen.

Natürlich können wir mit den Interviews, Konzertberichten, Erinnerungen, Gedichten und Fotos verfolgen, wie aus dem Mädchen Christa Päffgen zunächst das erste deutsche Supermodel, dann die Vevlvet-Underground-Chanteuse, die Schauspielerin und schließlich die Sängerin und Musikerin wurde. Und wie all das zusammen das Gesamtkunstwerk Nico ergab.

Doch vor allem ist das Buch ein Versuch, Nicos Aura zu ergründen und der Faszination nachzuspüren, die sie in ihren Fans und Wegbeleiter*innen weckte. Es ist ein Buch über das Phänomen Nico und das rechtfertigt den Umfang von über 600 Seiten. Kürzer wäre unvollständig.

See the way she walks
Hear the way she Talks

Femme Fatale – The Velvet Underground & Nico

Nico, eine Leinwand für die Träume anderer?

Nico zählt nicht zu meinen Heldinnen. Dafür war sie zu sehr Junkie. Deswegen näherte ich mich dem Mammut-Werk mit einer distanzierten Neugier. Vielleicht deswegen fiel mir beim Lesen vor allem eines auf: Nico war eine Projektionsfläche für die ungelebten Träume der anderen – insbesondere der Männer. Von den 68 Beiträgen im Buch stammen keine 15 von Frauen. Ich hätte mir eine andere Gewichtung gewünscht.

Ich kenne Nico nicht. Niemand kann Nico kennen.

S. 434: Albrecht Piltz – Blicke in die Finsternis

Mehr als fünf Minuten Ruhm

Hätte Nico Spaß gehabt an dem Buch? Wahrscheinlich nicht. Auch wenn sie eine Ikone der Popkultur ist, war sie an Popularität nicht interessiert. Wobei ich nach der Lektüre glaube, dass der Grund für dieses Desinteresse ein sehr eigener war. Warum hätte sie Energie in etwas stecken sollen, das sowieso vorhanden war? Sie konnte weder die Vorteile, die ihr aus ihrer Schönheit heraus zuflossen, noch die traumwandlerische Sicherheit, mit der sie immer die richtigen Menschen kennenlernte, sonderlich würdigen. Es war einfach etwas, das so zu ihr gehörte wie ihre dunkle Stimme, die uns bis heute fasziniert.


Weitere Infos zum Buch:

Manfred Rothenberger und Thomas Weber – Herausgeber
In Zusammenarbeit mit dem Institut für moderne Kunst Nürnberg


Nico
Wie kann die Luft so schwer sein an einem Tag an dem der Himmel so blau ist

Starfruit Publications


Jimi Hendrix, Bob Dylan, Leonard Cohen, Lou Reed, John Cale, Iggy Pop und Jim Morrison – Nico kannte sie alle. Aber es war Patti Smith, die im entscheidenden Moment etwas tat, was für Kontinuität in ihrem Leben sorgte: Sie kaufte ihr ein neues Harmonium, nachdem das alte geklaut wurde. Auch eine Geschichte, von der ich gerne mal in Pattis Büchern lesen würde!

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