Kick-Ass-Woman neu definiert

G. Willow Wilson - Alif der Unsichtbare. Ausgezeichnet mit dem World Fantasy Award als »Bester Roman des Jahres«.

Ein Fantasy-Roman, in dem Hacker und Dschinn vorkommen – wie soll das funktionieren?

Die Frage, die mich vor der Lektüre beschäftigte, hätte ich mir sparen können. G. Willow Wilson führt die Dschinn nicht groß ein. Sie lässt auch nicht zwei Welten aufeinander prallen. Es passiert einfach.

Wenn Dschinn im Koran eine Rolle spielen, dann spielen sie auch in einer Gegenwart, die vom Koran geprägt wird, eine Rolle. Genauso wie Computer, soziales Ungleichgewicht, Hacker, Schriftgelehrte, das Freitagsgebet, Sittlichkeit, staatliche Überwachung, Verliebtheit und die Frage, in was für einer Welt wir eigentlich leben wollen.

Was ich zum Glück nicht wusste

Eigentlich war es ein Glücksgriff, dass ich im Vorfeld nichts über den Fantasyroman wusste, außer, dass er den World Fantasy Award gewonnen hatte. Ich hatte das Buch einfach bei meiner letzten Medimops-Bestellung mitgeordert, um die portofreie Lieferung zu erreichen. Ihr kennt das.

Hätte ich gewusst, dass G. Willow Wilson für eine Revolution im Marvel-Universum verantwortlich war – ich hätte das Buch von Anfang an mit anderen Augen gelesen. Sie hat mit Kamala Khan eine Comicfigur erfunden, die Superheldentum, geekige Lebenseinstellung, jugendliche Leichtigkeit und muslimischen Glauben ausbalanciert.

So war ich angemessen überrascht, als Dina die Bühne betrat und begann, dem coolen Hacker Alif immer mehr die Schau zu stehlen.

Kick-Ass-Woman neu definiert

Alif ist ein sehr impulsiver junger Mann. Dina hingegen wirkt konzentriert und geduldig, fast so, als würde sie ihren Schleier als Rückzugsort verwenden, um Probleme in Ruhe zu durchdenken. Doch Entscheidungen, die sie trifft, setzt sie äußerst konsequent um. Während sich hier immer noch viele Menschen nicht vorstellen können, dass Hijab und Selbstbewusstsein sich nicht ausschließen, treffen wir in »Alif der Unsichtbare« auf eine Heldin, die zugleich sittlich, willensstark und klug ist.

Den Gegenpol bildet eine Konvertitin, die sich zunächst bemühen kann, wie sie will, und trotzdem immer die Andere, die Fremde bleibt. Nur der fremdeste aller Fremden, der Dschinn, sieht etwas anderes in ihr. Was mich zum zweiten großen Aha-Moment führt.

Alle Brüder sind gleich. Die Schwestern schon weniger. Und der Rest?

Die zweite Überraschung war, wie klar G. Willow Wilson soziale Mechanismen herausarbeitet. Im Glauben sind alle gleich? Von wegen. Die Frauen sind schon mal ungleicher, haben aber fast Glück, dass man unter dem Schleier ihre Hautfarbe nicht sieht. Denn die sorgt bei den Männern für feine Abstufungen innerhalb des Stadtstaates. Das, was die soziale Herkunft nicht regelt, wird eben an der Hautfarbe festgemacht. So arbeitet die Autorin klar heraus, wie Rassismus einen Unrechtsstaat stabilisieren kann und wie soziale Ungerechtigkeit genau diesen Staat zum Einsturz bringen kann.

Das sind viele Bedeutungsebenen für einen Fantasyroman,der auf den ersten Blick vor allem eines ist: Rasant und spannend!

Infos zum Buch:

G. Willow Wilson

Alif der Unsichtbare

Übersetzt von Julia Schmeink

Fischer Tor

Ausführliche Rezension mit mehr Infos zur Handlung bei Teilzeithelden

Interview mit G. Willow Wilson bei Tor Online

Und aus der Wut entstand eine Geschichte. Wenn ich über die erstaunlichen Dinge, die online vor sich gingen, in der realen Welt nicht sprechen konnte, dann würde ich es in der Welt der Fiktion tun. 

G. Willow Wilson im Interview bei Tor Online

Hier findet Ihr mehr Fantasy-Tipps auf meinem Blog! Ganz besonders lege ich Euch Krakonos ans Herz.

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