Gerade mal 127 Seiten genügen Grégoire Delacourt, um das Leben seiner Protagonistin Jocelyne völlig umzukrempeln. Sehnlichst habe ich mir – ganz gegen meine sonstigen Lesegewohnheiten- ein Happy End gewünscht.
Doch der Autor lässt mich zurück mit etwas, was eine Wendung zum Besseren sein könnte und mir doch das Gefühl gibt, das nun alles einfach nur anders, aber nicht besser ist.
Alles bleibt anders, nachdem es auf den ersten Blick 25 Jahre lang gleich blieb. Doch die Geschichte schält sich wie eine Zwiebel.
Alle meine Wünsche und der Sparschäler
Machen Wünsche das Leben besser? Jocelynes Mann hat viele Wünsche, Konsumwünsche. Sie hingegen hatte Träume, mit denen sie in einem ganz normalen Leben gestrandet ist. In ihrem einfachen Leben fühlt sich zuhause; sie hat gelernt, zufrieden zu sein. Kuschelig wirkt dieses Leben zuerst auf den Leser. Doch dieser Anschein verfliegt, sobald der Autor die nächste Schicht der Geschichte freilegt.
Mit jeder neu freigelegten Schicht versteht der Leser um so besser, warum dieser alltägliche Frieden für Jocelyne so wichtig ist. Ihr Leben fließt gleichmäßig daher, wohltuend gleichmäßig – bis sie im Lotto gewinnt.
Jocelyne hat das ungute Gefühl, dass dieser Lottogewinn den lieb gewonnen Frieden stören wird. Um klarer zu werden setzt sie sich hin und schreibt eine Liste mit all den Dingen, die sie sich mit dem Geld leisten könnte. Einer der ersten Punkte auf dieser Wunschliste ist ein Sparschäler.
Es wird ein langer Weg, bis sie alle ihre Wünsche kennt.
Doch vielleicht ist es gar nicht der Lottogewinn, der die Veränderung in ihrem Leben auslöst. Vielleicht ist es der Blog, den sie kurz vorher gestartet hat. Das Bloggen bringt die Worte in ihr Leben zurück; die Reaktionen der Leser bringen sie in Verbindung mit anderen Leben. Ich bin mir nicht sicher, ob der Autor weiß, wie wunderbar er die Wirkung des Bloggens beschreibt. Doch genau so ist es: die richtigen Worte für einen Artikel zu suchen bringt es mit sich, dass man auch die richtigen Worte für sein eigenes Leben sucht. So entsteht Klarheit – egal, ob man über Kurzwaren oder Bücher bloggt.
Infos zum Buch:
Grégoire Delacourt
Alle meine Wünsche
Roman
Originaltitel: La liste de mes envies
Originalverlag: Hoffmann und Campe
Aus dem Französischen von Claudia Steinitz
ISBN: 978-3-453-41036-7
Heyne Verlag
Oh, dieses Cover hat mich bei uns in der Bibliothek schon oft angelacht.
Nun nach deiner schönen Rezension muss ich „Alle meine Wünsche“ wirklich auch einmal mit nach Hause nehmen.
lg Favola
Huhu Dagmar,
deine Rezension fasst meine Eindrücke zum Buch wunderbar zusammen. Gerade das Thema Bloggen fand ich so herrlich erfrischend. Leider war es genau das, was meiner nichtbloggenden Bekannten überhaupt nicht gefiel – bloggt man nicht selbst, kann man es vermutlich auch nur schwer nachempfinden.
LG und einen schönen Sonntag
Vanessa
Ich hoffe, ihr hat das Buch insgesamt doch noch gefallen – denn sooo viel Raum nimmt das Thema Bloggen dann doch nicht ein, oder?