Japan, die Liebe und ein alter Traktor
„Namiko und das Flüstern“
Ein junger Journalist recherchiert in Japan zum Thema Gärten. Er sieht die Pflanzen, er erkennt die Struktur der Gärten, doch er begreift sie nicht. Durch seine Zufallsbegegnung mit Namiko wird sich das ändern, denn durch sie lernt er, das Leben, die Liebe und Japan zu verstehen. Für Japan wird er am längsten brauchen.
Um sich dem Phänomen Japan anzunähern reicht Neugier alleine nicht. In eine Japanerin verliebt sein erhöht sicherlich die Motivation. Doch letztlich führt das, was man im Zen als Anfänger-Geist beschreibt, zum Ziel: eine offene, nicht-wertende Geisteshaltung. Es ist ein weiter Weg für unseren durch und durch europäischen Helden, bis er in der Lage ist, in einem alten Traktor ein Symbol für Lebensfreude zu sehen. Ohne Namiko und ihre Art, japanische Gärten über eine Mauer zu betreten, hätte er noch nicht einmal den Eingang zu diesem Weg gefunden.
„Namiko und das Flüstern“ von Andreas Séché, erschienen bei Ars Vivendi, war sein erster Roman und ich bin fast versucht zu sagen, dass es sein schönster ist. Das liegt einmal an der Liebesgeschichte, die eine zarte, strahlende Kraft besitzt, und es liegt an der Art und Weise, wie die Gärten in dem Buch beschrieben und empfunden werden. Der Garten erscheint als Ort des Begreifens, denn hier wird das Leben so verdichtet, das wir es mit unseren beschränkten Möglichkeiten erfassen können. Unfassbar Großes wie Leben, Liebe und Tod werden durch die Jahreszeiten und die Struktur des Gartens erfahrbar. Mit einem Garten kann der Mensch seine Zuneigung zur Natur und damit zum Leben ausdrücken.
Eigentlich mag ich keinen Lieblings-Roman von Andreas Séché herausdeuten. „Zwitschernde Fische“ hat mich mit seinem Humor und der Liebe zu den Büchern begeistert; „Zeit der Zikaden“ mit politischer Tiefe und der weltverändernden Kraft der Kunst und alle drei Bücher bezaubern mit einer achtsamen, poetischen Sprache.
Jetzt heißt es warten … ein neuer Roman von Andreas Séché ist leider noch nicht in Sicht. Dafür wurde auf der Buchmesse bekanntgegeben, dass alle drei Romane in Japan erscheinen werden. Bei „Zwitschernde Fische“ und seinen vielen Anspielungen auf die europäische Literaturgeschichte kann ich mir wunderbar vorstellen, das es die japanischen Leser begeistern wird. Bei „Namiko und das Flüstern“ würde ich gerne Mäuschen spielen und beobachten können, wie die Leser in Japan auf den verliebten europäischen Romanhelden reagieren, der sich über die Liebe und die Gärten der japanischen Kultur annähert.