Hartnäckigkeit zahlt sich aus. Das gilt nicht nur für den Helden des Buches Blumen für Algernon, der hartnäckig an seinem Traum „intelgent“ zu werden, festhält. Das gilt auch für Simone vom Blog Papiergeflüster, die hartnäckig seit 2014 diesen Klassiker der wissenschaftlichen Science Fiction empfiehlt und so nach und nach alle von der Qualität des Buches überzeugt.
Nun also auch mich.
Was fasziniert so an der 1966 erschienen Geschichte um den geistig zurück gebliebenen Charlie Gordon, der durch ein wissenschaftliches Experiment innerhalb weniger Wochen hochintelligent wird?
Ganz einfach: dieser Science Fiction berührt zutiefst menschliche Fragen. Was macht das Menschsein aus? Was brauchen wir, um glücklich zu sein? Wie ist der Zusammenhang von Sprache und Bewusstsein? Hilft Intelligenz alleine schon, ein guter Mensch zu sein? Wie kann man Intelligenz, Seelenleben und Affekte ausbalancieren? Sollen Wissenschaftler alles umsetzen, was sie können könnten? Auf diese Fragen haben wir 2017 immer noch keine umfassenden Antworten gefunden.
Müsste ein Science Fiction, der 1966 erschien, nicht schon längst von der Realität eingeholt worden sein? Tatsächlich sind es jedoch nur ganz wenige Stellen, an denen der Roman leicht altmodisch wirkt.
Das Flirt-Verhalten zum Beispiel ist so ein Punkt. Charlies IQ hat sich zwar in ungeahnte Höhen geschraubt, aber ob er eine Frau zum Abschied vor der Haustür küssen soll, wo er doch am liebsten mit ihr hoch gehen würde – auf diese Fragen weiß er keine Antwort.
Mir fiel auch auf, dass es die Art Aushilfsjobs, die Charlie zuerst in der Bäckerei erledigt und die ihm ein halbwegs in die Gesellschaft integriertes Leben ermöglichen, so nicht mehr gibt. Doch die Fragen sind die gleichen geblieben. Heute nennt man es Inklusion und Charlies Kollegen in der Bäckerei zeigen deutlich, was für eine Herausforderung die Integration eines Menschen mit einem IQ von 60 für die normal begabten Kollegen bedeutet. Sie scheitern, nicht er.
Auch im wissenschaftlichen Leben scheint sich seit 1966 nicht allzu viel verändert haben. Was treibt Wissenschaftler an? Die Gier nach Ruhm, wissenschaftlicher Ehrgeiz oder die Hoffnung auf eine bessere Welt? Forschung muss finanziert werden – ist sie dann noch unabhängig?
Blumen für Algernon fasziniert auf vielen Ebenen. Eine solche Dichte an psychologischen, ethischen und wissenschaftlichen Fragen, die zudem in eine so menschliche Geschichte gepackt wurden, habe ich schon lange nicht mehr in einem Buch gefunden. Damit wird es lange in meinem Gedächtnis bleiben.
Angaben zum Buch:
Daniel Keyes
Blumen für Algernon
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Eva-Maria Burgerer
Klett-Cotta
Hobbit Presse
ISBN: 978-3-608-96029-7
Rezension bei Papiergeflüster – danke für die Empfehlung!
Dieses Buch habe ich irgendwann in den 80er Jahren gelesen. Damals las ich viel Scince Fiction und das meiste davon habe ich vergessen. Aber dieses Buch ist mir in Erinnerung geblieben, gerade, weil es mich auch emotional sehr berührt hat. Nun möchte ich es gerne wieder lesen, diesmal auch lieber im Original und habe beim Googeln diese Seite hier gefunden. Danke für die schöne Besprechung des Buches. Bin gespannt, wie ich es jetzt finden werde, im Abstand der Jahre und als älterer Mensch. Immerhin habe ich im Laufe der Zeit gelernt und erlebt, dass Intelligenz nicht alles ist.
Ich wünsche dir viel Spaß beim erneuten Lesen! Die Geschichte an sich ist zeitlos. Ich glaube, dass das Buch „gut altert“ und du deine Faszination von damals gut verstehen wirst.