Jede Buchmesse ist anders schön, jede hat eine andere Grundstimmung, jede fühlt sich anders an.
In mir diskutiert gerade die Leserin mit der Bloggerin mit der Buchhändlerin mit der Online Marketing Managerin, was denn nun diese Buchmesse auszeichnet. Ich versuche, das mal zu sortieren.
Die Leserin sagt, dass die ganz großen Themen, die anscheinend jeder Verlag machen MUSS, diesmal fehlten, und fand das sehr wohltuend. Wie schön wäre eine Buchwelt, in der weniger Bücher erscheinen, aber dafür mehr Bücher, die unbedingt hinaus in die Welt wollen. Bücher, die eine Herzensangelegenheit sind.
Für die Buchbloggerin war die Welt erst einmal in Ordnung. Bücher, Blogger und Wertschätzung für Blogs überall. Sie freute sich an Sätzen von Verlagsmitarbeitern wie „Ja, wir schauen uns die Blogs erst mal an.“ und „Klar verfolgen wir, ob wir auch die Beleglinks erhalten!“. Noch mehr freute sie sich über Anekdoten, dass Blogger von Verlagsmitarbeitern erkannt wurden, obwohl sie noch nie etwas miteinander zu tun hatten.
Klassentreffen für alle
Auch für uns Blogger ist die Buchmesse mittlerweile ein erweitertes Klassentreffen. Wieder habe ich inspirierende Frauen zum ersten Mal „in echt“ getroffen, deren Social-Media-Aktivitäten ich gerne verfolge oder mit denen ich schon online tolle Aktionen gemacht hatte. Solche Offline-Treffen sind dann sofort von Nähe, Wertschätzung, Respekt, Humor und tiefen Themen geprägt. Wohltuend!
Awards – nicht für alle
Bloggende Männer habe ich auch getroffen. Genau zwei. Das wäre mir so gar nicht aufgefallen, wenn es da nicht diesen Moment beim ersten Buchblogger-Award gegeben hätte. Fast alle Buchblogs werden von Frauen geschrieben. Auf der Bühne standen Gewinner, keine Gewinnerinnen. Nicht nur ich dachte mir in diesem Moment „Das ist mehr als nur bemerkenswert“.
Dazu kommt ein zweiter Aspekt. Gewonnen haben zwei großartige Literaturbotschafter. Nicht gewonnen haben großartige Leserbotschafter – die, die das lesen, was ich als Buchhändlerin am meisten verkauft habe.
Nicht alle Bücher überall
Womit ich zum Blick der Buchhändlerin komme. Die hat mehr als einmal gestutzt, wie sehr der Buchhandel derzeit als Nadelöhr wahr genommen wird. Das reicht von „Unsere Backlist findet im Buchhandel nicht mehr statt.“ über „Unsere Themen finden im Buchhandel nicht statt.“ bis hin zum harten „Unsere Bücher finden im Buchhandel nicht statt.“.
Nicht gehört habe ich solche Aussagen von den Lesern. Die finden ihre Bücher – immer und überall.
Metadaten für alle
Die Online Marketing Managerin stieß immer wieder auf das Thema Metadaten. Die Technik ist jetzt da und muss nun mit Inhalt gefüllt werden. Was genau gehört in die Metadaten? Wer schreibt die Texte, wer ermittelt die Keywords und wie?
Übrigens freuen sich alle in mir – Leserin, Bloggerin und Buchhändlerin – auf bessere Metadaten. Konkret: bessere Verschlagwortung, mehr Leseproben, aussagekräftige Probeseiten, klar benannten Mehrwert eines Buches und Online-Texte, die sich wirklich an den Leser richten. (Und nicht nebenbei auch noch an die Presse, den Buchhändler, die Bibliothekare und die Nebenmärkte.)
Mehr Herzensbücher bitte!
Das alles bitte für Bücher, die Herzensangelegenheiten aller Beteiligten sind. Hach, das wäre schön. Ich gehe jetzt noch ein wenig träumen. Von der Buchmesse, von inspirierenden Büchern, zufriedenen Buchhändlern, glücklichen Verlegern, leidenschaftlichen Buchbloggern und begeisterten Lesern.
Übrigens: das beste Schuhwerk für die Messe und andere Wahrheiten findet ihr hier im Buchmessen-ABC.
Metadaten rocken! Du hast ja sooo recht liebe Dagmar! (-: spricht die Metadaten Managerin in mir.
Liebe Grüße & einen schönen Abend
Ramona
Ich glaube, die Metadaten-Managerin in Dir sollte mal mit der Online-Managerin in mir ein Bier trinken gehen (und die Regina nehmen wir einfach mit) – wann kann man denn schon mal zum Thema Metadaten so richtig nach Herzenslust fachsimpeln?
Hallo Dagmar!
Was für ein schöner und vielsichtiger Beitrag! 🙂 Was ich mich nur Frage ist, was verstehst du unter „Herzensbücher“, das geht nicht klar hervor. Also klar, aktuelle Thematiken, aber die sind ja für alle Menschen immer etwas anders.
Liebe Grüße
Henrik
Hallo Henrik, stimmt, Herzensbücher sollte ich näher erklären. Ich versuche das mal anhand eines Yoga-Buchs:
Es ist ein Unterschied, ob jemand persönlich von Yoga begeistert ist, weil es sein Leben verändert hat, und deswegen eine gute Yoga-Anleitung schreiben will. Oder ob sich jemand denkt: Millionen Deutsche machen Yoga, lass mich ein Buch schreiben, das hat bestimmt Erfolg.
In beiden Fällen kann ein gutes Buch entstehen. Aber nur das erste wäre für mich ein Herzensbuch.
Wir haben einfach zuviele Bücher nach dem Motto: Oh, Verlag XY hat Erfolg mit einer skandinavischen Wanderhure, die Gravitationswellen erklärt. Das machen wir jetzt auch.
Liebe Grüße
Dagmar
Hallo Dagmar,
vielen Dank für die Erklärung! Dem kann ich nur zustimmen, das wäre eine Bereicherung. Ich glaube dann würden viel weniger ähnliche Geschichten erscheinen. Ich hätte jetzt tatsächlich dieses „Herzensbücher“ anders interpretiert, deshalb habe ich auch nachgefragt. 🙂 Ich kann mich da deinem Wunsch nur anschließen und hoffe, dass noch mehr Bücher mit einer Leidenschaft geschrieben werden, dass sie auch entsprechend so rüberkommen!
Liebe Grüße
Henrik