Warum greift jemand wie ich, noch fit und beweglich, zu einem Buch, das sich mit Gleichgewichtsübungen im Alltag befasst und sich eher an Senioren richtet?
Bei mir waren es gleich zwei Gründe – Alltagsbewegung und Sturzprophylaxe – wenn auch mit sehr unterschiedlichen Geschichten dahinter, die ich beide erzählen möchte.
Eines vorneweg: Ich habe „Besser in Balance – Einfache Gleichgewichtsübungen im Alltag“ mit viel Gewinn gelesen.
Bequemlichkeit und Bewegungsarmut im Alltag
Durch meinen Wechsel vom Einzelhandel in einen Bürojob habe ich gelernt, wie schnell ein Mensch sich in einem neuen, bequemeren Leben einrichten kann. Bewegungen wie in die Hocke gehen, die früher zum Berufsalltag gehörten, waren auf einmal nicht mehr notwendig. Bald knackste das Knie, die Gelenke wurden steif. Unglaublich, wie schnell so etwas passiert! Noch erschreckender fand ich, wie leicht ich das mit einem Schulterzucken abtat – ist halt so, das Alter, ich werde auch nicht jünger.
Seit dieser Erkenntnis versuche ich, bereits in meinen Alltag mehr Bewegung einzubauen. Die Treppe wurde mein Freund, der Wäschekorb meine Hantel – darüber hatte ich hier schon geschrieben.
Carol Clements ist mir eine Schwester im Geiste. Ihre Übungen sind kein Sport, sondern kleine Zusatzbewegungen zu Bewegungsabläufen, die wir eh schon machen. Neu herausgepickt habe ich mir aus ihrem Programm das „rückwärts durch die Wohnung laufen“ – genau das richtige für mein inneres Spielkind.
In diesem Buch habe ich wirklich viel Material gefunden, wie ich Bewegungsarmut vermeiden kann, ohne dafür Sport machen zu müssen. Das ich damit Koordination und Gleichgewicht verbessere, ist ein erfreulicher Nebeneffekt.
Motorisches Lernen und Sturzprophylaxe
Der Zeitpunkt, an dem meine Eltern das Buch hätten lesen sollen, ist leider schon einige Jahre verstrichen. Und das obwohl Carol Clement mit ihren Übungen auf sehr niedrigem Niveau einsteigt: Die Füße nach dem Duschen gründlich abtrocknen und dabei auch zwischen den Zehenräumen massieren oder im Bett liegend die Knie angewinkelt zum Bauch ziehen. In Mini-Schritten geht es weiter durch ihr 10-Wochen-Programm bis wir am Ende bei Übungen wie Liegestütz an der Fensterbank oder Ausfallschritt-Kniebeuge mit festhalten an der Stuhllehne sind.
Mit ihrem Programm für mehr Balance habe ich viel darüber gelernt, wie Bewegungen aufgebaut sind. Genau deswegen war das Buch für mich ein gutes Buch! Im Tai-Chi habe ich damals erfahren, dass ich jede Bewegung, die ich langsam machen kann, auch schnell machen kann – umgekehrt funktioniert das nicht unbedingt. Mit diesem Buch habe ich Grundlagenforschung betrieben und gelernt, auf welcher Basis Balance aufbaut. Der kleinste Teil davon ist Kraft. Achtsames Spüren, wo ich mich gerade im Raum befinde, Koordination und Beweglichkeit, im Sinne von sich drehen und strecken können, sind viel wichtiger. Das gibt Sicherheit und aus Sicherheit entsteht Balance. So funktioniert Sturzprophylaxe und nicht so, wie damals bei meiner Oma, die für ihre Rollator-Ausflüge einen gepolsterten Lederhelm tragen sollte.
Alles in allem ein sehr empfehlenswerter Ratgeber, der mich noch eine Weile begleiten wird.
Infos zum Buch:
Carol Clements
Besser in Balance
Einfache Gleichgewichtsübungen im Alltag | Gesund und fit in jedem Alter | für mehr Beweglichkeit und Wohlbefinden | Balance üben, Stürze vermeiden und aktiv bleiben!
Copress Verlag