Als Mannheimerin habe ich mich immer am Wochenende Richtung Odenwald oder Pfalz orientiert. Dass es direkt vor meiner Haustür eine landschaftlich reizvolle Gegend namens Kraichgau gibt, ist mir lange entgangen. Das, was ich davon kannte, hatte ich einfach unter Baden, Odenwald oder Neckartal abgespeichert – pardon! Wie ich nun weiß, tat ich der Gegend unrecht.
Aber damit bin ich nicht alleine. Der Kraichgau ist eine Region, die einfach nur dazwischen liegt: zwischen Odenwald, Schwarzwald, Neckar und Oberrheintal. Zwischen Landwirtschaft und Industrialisierung und zwischen allen Verkehrsadern. Lange war sie Grenzland zwischen Baden und Württemberg und ja, das war eine ernst zu nehmende Grenze. Ist sie heute noch, so von der Mentalität, dem Fußball und dem Wein her. Überhaupt: Weinland will das Kraichgau sein. Das kann ich als benachbarte Kurpfälzerin mit Schlagseite gen Pfalz nun schon gar nicht ernst nehmen. Obwohl ich beim Heitlinger schon nette Sachen verköstigt habe. Aber ich schweife ab.
Es gab mal eine Zeit, da war der Kraichgau, den man damals noch nicht so nannte, mittendrin. Bretten war ein Handelsmittelpunkt. Eppingen ein durchaus wohlhabendes Städtchen. In Wiesloch wurde Silber, Blei und Zinn abgebaut – damals, bei den Römern. Was blieb sind Schwermetallbelastungen bis heute. Wusste ich nicht und hätte ich ohne diese Büchlein nie erfahren.
Der Kraichgau. Erschienen im einen Kleinverlag.
Wo sonst?
Der Kraichgau – Eine kleine Geschichte von Thomas Adam ist in einem Verlag mit dem Namen „Der kleine Buchverlag“ erschienen. Ich weiß ja bis heute nicht, ob ich diesen Namen gut finden soll. Mir erscheint er zu verniedlichend für die große verlegerische Leistung, die Sonia Lauinger mit ihrem kleinen Team stemmt. Dafür, dass sie den insolventen Braun Verlag aus Karlsruhe samt seiner Regionalia übernommen hat, bin ich ihr sehr dankbar. Seit dem ist ihr Verlag alles andere als klein!
„Eine Lektüre auch für Belletristikfans“ schreibt die Pforzheimer Zeitung über das Buch. Ich bin zwar sicherlich kein Belletristikfan, aber ja, ich weiß, was sie meinen. Der Kraichgau – Eine kleine Geschichte liest sich äußerst flüssig, macht Spaß, hat Spannung und Aha-Momente.
Warum ist ein Buch über Orte, die ich meist nur vom Hörensagen kenne, so interessant? Weil der Autor die Kraichgau-Geschichte gut in den Lauf der deutschen Geschichte einbindet. Manchmal war die Region typisch für das, was drumherum auch stattfand, manchmal aber auch nicht. Es ist dieser erweiterte Blick, der dafür sorgt, dass auch ein Laie wie ich mit Spaß und Neugier weiterliest.
Und mal wieder bin ich verblüfft, welche Perlen es in der Warengruppe Regionalia zu entdecken gibt!
Thomas Adam
Der Kraichgau – Eine kleine Geschichte
Mal ansehen. Ich lebte als Kind 5 Jahre in Bretten. Das war Kurpfälzer Amtstadt. Ist Maulbronn mit drin, dem Weltkulturerbe? Hesses Narziss und Goldmund lernten und lebten hier. Knittlingen mit dem Dr. Faust?
Ja, die Highlights werden alle gewürdigt. Aber – und das gefällt mir gerade so gut: sie stehen nicht im Mittelpunkt. Ihm geht es wirklich um den Kraichgau als Ganzes – also in seiner ganzen Zersplitterung. Ist ja nicht ganz so einfach, die Geschichte einer Region zu erzählen, die nie wirklich eine Einheit war.