Es gibt Bücher, die man nie im eigentlichen Sinne ausgelesen hat. Man nimmt sie zur Hand, liest, denkt nach. Blättert weiter, nach vorne, nach hinten. Schlägt was nach, sinniert. Legt das Buch wieder auf den Nachttisch. Beginnt beim nächsten Mal an einer anderen Stelle, lässt sich wieder inspirieren, streicht an. Geht zum ersten Kapitel zurück.
Solche Bücher sind nicht dafür geschaffen, am Stück gelesen zu werden. Sie begleiten einen über Jahre hinweg,
Annette Oelkers Annäherung an das Dao ist so ein Buch. Sie versucht, die 81 Lehrsätze vom Poetischen in den praktischen Lebensalltag zu übertragen.
Versucht? Sie macht es.
Jedes Kapitel besteht aus dem Sinnspruch und einer Erläuterung, die, ausgehend vom philospphischen und geschichtlichen Hintergrund, in unserer Zeit und unserem Alltag landet. Das Kapitel endet mit einer Affirmation, die den Sinngehalt noch einmal zusammenfasst.
Gerade diese Affirmationen sorgen bei mir für Reibung, für Nachdenken. Sehr häufig ist mein erster Gedanke ein „Ja, aber“: das ist doch nicht alles, in dem Sinnspruch steckt doch noch viel mehr. Natürlich – und schon bin ich mitten drin und erarbeite mir den Sinnspruch selbst. Kein Wunder, dass ich das Gefühl habe, das ich dieses Buch niemals zu Ende zu lesen werde!
Sollte ich es jemals zu Ende gelesen im Sinne von ausgelesen und verstanden haben, beginne ich von vorne und vergleiche es mit Wayne Dyers Annäherung an das Dao, das bei ihm ein Tao ist: Ändere deine Gedanken – und dein Leben ändert sich: Die lebendige Weisheit des Tao. Auch dieses Buch hat mich lange begleitet.
Jetzt gibt es aber im virtuellen Blogger-Büro einen Stapel Bücher namens „Ausgelesen – wird besprochen“. Auf diesem Stapel landen solche Bücher nie. Das ist nicht fair und wurde hiermit von mir geändert.
Laozi
Annette Oelkers
Das Dao leben
Das Daodejing heute
Verlag Ryvellus
ISBN 978-3-89060-651-4
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