Es hat immer seinen ganz eigenen Reiz, Männer zu beobachten, die um ihre Schwanzspitze kreisen. Damit könnte ich meinen Blog-Beitrag zu „Geteilte Nächte – Erotiken des Surrealismus“, diesem eigenwilligen Lesevergnügen, bereits beenden. Auch wenn Quickies reizvoll sein können wäre das selbst für mich zu kurz.
Da geht es also schon los. Obwohl Frauen in den erotischen Fantasien der surrealistischen Männer erstaunlich wenig präsent sind – häufig nur als einzelne Körperteile, Erfüllungsgehilfinnen oder ferne Sehnsucht – wecken die Miniaturen auch bei einer Leserin Assoziationen. Manche davon werden privat bleiben. So, wie auch manches aus diesem Büchlein besser privat geblieben wäre. Aber die Träume und literarischen Versuche wurden nun mal ausgebreitet. In seltenen Momenten entstand dabei Poesie oder Texte, die nachhallen. Doch das war ja auch nie die Absicht.
Das Beste, was man meiner Meinung machen kann, ist, das Büchlein als Einladung zu betrachten, selbst wild und frei zu assoziieren und zu fabulieren. Wer sich die pubertäre Freude an schmutzigen Wörtern bewahrt hat, hat es leichter. Hihi, er hat Schwanz gesagt! Oder war es Rute? Alle anderen, die diese Phase hinter sich gelassen haben, werden um Worte ringen. Frauen mehr als Männer, denn sie lernen bis heute erst das erotische Vokabular der Männer und machen sich dann auf den Weg, ihre Sprache für ihr eigenes Begehren zu finden. Genau deswegen sind es die wenigen Texte von Frauen, die mich besonders berühren. Sie haben eine eigene Stimmung, ein eigenes Anliegen.
Die Fantasien der Surrealisten-Männer sind den Frauen keine Hilfe. Aber sie zeigen sehr deutlich, was wir gewinnen können, wenn wir uns auf den Weg machen, eine erotische Sprache zu entwickeln, die mehr als das männliche Begehren abbildet! In sofern ist es schön, dass ihre Versuche dokumentiert wurden. Und wie ich eingangs sagte: Es hat seinen Reiz, sie beim Kreisen um die eigene Schwanzspitze zu beobachten.
Infos zum Buch:
Geteilte Nächte. Erotiken des Surrealismus.
Herausgegeben von Heribert Becker
Kleine Bücherei – Edition Nautilus