In den 90er Jahren boten wir in der Buchhandlung bereits personalisierte Kinderbücher an. Der Name des Kindes erschien auf dem Cover und auf einigen Seiten im Buch – das war es. Wenn ich mich recht erinnere, lag dem Ganzen ein Franchise-Modell zugrunde. Wir bekamen die Maschinen für Druck und Bindung und die Rohlinge geliefert, für den Vertrieb mussten wir selbst sorgen.
Unser Einsatz für den Verkauf der Bücher hielt sich jedoch in Grenzen. Wir waren alle miteinander Buchhändler geworden, weil wir gute Geschichten liebten. Die Geschichten, die in den personalisierten Kinderbüchern erzählt wurden, entfachten unsere Leidenschaft nicht.
Zudem sahen wir mit unserem erwachsenen Blick genau, wo der Name des Kindes in das bereits bestehende Buch hineingedruckt wurde. Für mich hatten diese Bücher keinen Zauber.
Das war damals – wie wird heute personalisiert?
Heute würde ich den Büchern ihren Herstellungsprozess nicht mehr ansehen – dank Digitaldruck. Wir „dengelten“ die Kinderbüchern mit Namen damals in der Buchhandlung in einem Nebenraum zusammen – das wäre mittlerweile anders. Auch lässt sich heute viel mehr als nur Bücher personalisieren: so kann man zum Beispiel hoch professionell bei MyMüsli direkt im Laden personalisierte Verpackungen erstellen. So wird aus einer Müsli-Dose ein persönliches Geschenk.
Klar, dass es jetzt auch mehr personalisierte Kinderbücher gibt. 143.000 Suchergebnisse spuckt Google mir dazu aus und für meinen Kinderbuch-Blog erreichen mich immer wieder Anfragen, ob ich nicht einen Werbeartikel oder eine Rezension dazu schreiben möchte. Möchte ich nicht, denn ich bin skeptisch, was die Geschichten angeht.
Hätte mich der SmartGenius Verlag vorher gefragt, ob ich das Buch von Felix Brosius Dagmar sucht das Glück lesen und besprechen möchte, hätte ich abgelehnt. Aber es kam unverlangt.
Ich habe es trotzdem gelesen. Ausstattung, Layout und Druckqualität überzeugen. Die Moral, dass Glück für jeden Menschen etwas anderes ist, ist schön. Doch der Weg dorthin ist der Weg eines Erwachsenen, das Buch ist kein Kinderbuch. Ganz deutlich wird das an der Doppelseite, die uns auf eine politische Demonstration führt – die Menschen dort empfinden angeblich Hoffnung, was glücklich macht. Auf ihren Gesichtern ist aber Wut zu sehen. Auch die anderen Ansätze, die zum Glück führen können wie Demut, Dankbarkeit, Großzügigkeit, Abenteuer und Mut bleiben recht abstrakt. So bleibt der Reiz des eigenen Namens, der in einer Geschichte erscheint, die sich eher als Geschenk für Erwachsene an runden Geburtstagen denn als Kinderbuch eignet.
Vielleicht kommen die personalisierten Bücher und ich in 10 Jahren zusammen, vielleicht stehen dann nicht mehr die faszinierende Drucktechnik und der Vertrieb, sondern die Geschichten im Mittelpunkt. Denn darum sollte es meiner Meinung nach beim Bücher machen gehen, egal wie sie gedruckt werden: gute Geschichten zu erzählen, die das Leben bereichern.
Link-Tipps:
- wie die personalisierten Verpackungen bei MyMüsli hergestellt werden, darüber berichtet der LONGO-Blog.
- einer der bekanntesten Anbieter dürfte Framily sein, da es hier Bücher mit den berühmten Kinderbuchhelden gibt. Das Kind wird also nicht nur im Buch genannt, es erlebt gleichzeitig sein Abenteuer mit Promis wie Benjamin Blümchen, Conni, Ritter Trenk und Bibi Blocksberg. Ihr ahnt es: ich bin skeptisch.
- HurraHelden personalisieren nicht nur, sie trennen auch ordentlich nach rosa und hellblau. Was ich davon halte … darüber blogge ich ein andermal. Interessant bei HurraHelden ist, dass hier auch Augenfarbe und Frisur personalisiert werden.
- Das im Beitrag erwähnte personalisierte Kinderbuch … sucht das Glück bekommt ihr bei SmartGenius.
Bei Framily wird auch nicht nur der Name des Kindes eingesetzt. Ich habe mal ein Benjamin-Blümchen-Abenteuer verschenkt, da brauchte man Geschlecht, Haar- und Augenfarbe des Kindes, Lieblingsfarbe (für das Shirt, glaube ich), Name des besten Freundes oder der Freundin, Lieblingsessen, Hobby und Geburtstag, Haarfarben der Eltern. Die Geschichte war eine typische Benjamin-Geschichte, nicht besonders tiefsinnig. Aber das beschenkte Kind fand es schon toll, dass all diese Sachen im Buch vorkamen. Als Erinnerung ist es okay, ansonsten gibt es natürlich deutlich bessere Kinderbücher.
Ich kann deine Skepsis sehr gut verstehen (geht mir meistens ganz genauso und mein Sohn hat leider auch so ein schlechtes Beispiel zu Weihnachten bekommen), allerdings fand ich das Buch, welches wir von Framily haben gar nicht so schlecht. Erstens kommen tatsächlich mehrere Merkmale vom Kind hinzu und dass man mit seinen Helden ein Abenteuer erlebt, hat durchaus seinen Reiz. Wir haben eine Olchi-Geschichte und wenn man die anderen Olchi-Bücher mag, dann gefällt einem auch das personalisierte.