Was tun mit solchen Büchern? „Hypatia“ von Arnulf Zitelmann

Hypatia von Arnulf Zitelmann. HArdcover-Ausgabe von 1988. Cover im damals typischen Orange des Beltz Verlags.

Was mache ich jetzt mit diesem Buch? An dem Tag, an dem ich erfuhr, dass Arnulf Zitelmann ein Täter war, stand es wie immer bei mir im Regal. Ich habe nur wenige Bücher aus meiner Kindheit und Jugend aufgehoben. Mit jedem einzelnen verbinde ich eine Geschichte. »Hypatia« von Arnulf Zitelmann war ein Geschenk. Wir waren eine »Bücher holt man in der Bücherei«-Familie. Ein Buch geschenkt zu bekommen war daher immer etwas Besonderes. Doch das alleine wäre kein Grund, dieses Jugendbuch viele Umzüge später noch im Regal stehen zu haben.

Für mich war das Buch ein Aha-Erlebnis. Es ist ein spannender Abenteuerroman, in dem man viel über das Leben der Menschen damals lernt. Also genau das, was ein neugieriges Mädchen wie ich verschlingt. Doch das war es nicht, was mir im Gedächtnis blieb. Von Hypatia von Alexandria hatte ich noch nie gehört. Mathematikerin, Astronomin und Philosophin – ach, das gab es? Warum kommen solche Frauen dann nur so selten in meinen Büchern vor? Doch neben der Erkenntnis, dass Feminismus keine Erfindung der Neuzeit ist, blieb mit noch etwas anderes im Gedächtnis.

In dem Buch wird eine Liebesgeschichte erzählt. Ich nahm das zur Kenntnis und dachte mir: Warum? Die Liebesszenen wirkten auf mich nicht stimmig, einfach deplatziert. Sie hinterließen ein ungutes Gefühl. Mittlerweile kenne ich ein Wort für dieses Empfinden: cringe.

Heute weiß ich: Meinem Instinkt konnte ich vertrauen. Meine Alarmglocke schrillte zu Recht. Arnulf Zitelmann mag das Richtige, nämliche eigenständige Mädchenfiguren, geschrieben haben – aber aus falschen Beweggründen. Sein Interesse an Mädchen war wohl ein anderes.

Was tue ich also jetzt mit dem Buch? Sowohl der Beltz Verlag als auch der Verlag Katholisches Bibelwerk haben Zitelmanns Bücher gleich nach den Missbrauchs-Enthüllungen komplett aus dem Programm genommen. Doch bei mir steht dieses eine noch hier. Als Teil meiner Leserinnen-Biografie und als Erinnerung daran, dass auf meinen Instinkt Verlass war. Ob es da bleiben wird? Ich bezweifel es.



Fast alle meine Blog-Beiträge enden mit einem Hinweis auf weitere, passende Buchempfehlungen. Die bleiben mir dieses Mal im Halse stecken.

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