Ich mag das Buch. Andere Leser haben Willkommen in Night Vale abgebrochen, blieben ratlos zurück oder waren begeistert. Bei mir zeichnete sich bereits nach 7 von 50 Kapiteln ein Mögen ab.
Ein so sehr mögen, dass ich andere Bücher – so ungefähr 10 an der Zahl – zur Seite gelegt habe.
Es ist ein warmes Mögen. So, wie man einen guten Freund mag, der für ein Hobby erstaunlich talentiert ist, das man selbst ein ganz klein wenig seltsam findet. Geocaching vielleicht, fotografieren mit abgelaufenen verranzten Filmen oder Indie-Musik sammeln und bewerten wie ein manisches Eichhörnchen.
So ein warmes Gefühl löst Willkommen in Night Vale mit seiner Seltsamkeit bei mir aus.
Das liegt an Passagen wie dieser hier:
In Catherines Büro gab es zwei Pflanzen, drei Stühle, zwei Tische, eine Kiste, sechs private Fotos in Stehrahmen, an der Wand eines von diesen klischeehaften Motivationspostern, auf dem zwei Krähen einer Waldkatze die Eingeweide herausreißen, und darunter die kitschige Zeile „Ohne Unterlass musst du den Blick zur Sonne richten.“
Seite 48
Nicht, dass diese Beschreibung wirklich für die Handlung wichtig wäre. Sie bietet einfachen einen Blick auf die Realität in dieser Kleinstadt. Hier haben auch Häuser Gedanken, die sie ihren Bewohnern im Schlaf oder morgens unter der Dusche einflüstern. Manchmal verliert aber auch eine Dusche ihren Glauben an ihren Menschen.
Ich glaube, meine Dusche kann das verstehen.
Ja aber, hat Willkommen in Night Vale auch eine Handlung?
Im letzten Drittel, nach der Begegnung mit den rosa Flamingos, die so gerne auf ihren 6 Beinen in der Wüste stehen und ihre Doppelschnäbel wetzen, ergibt auch alles einen Sinn. Dann ist dieser Wahnwitz namens Willkommen in Nightvale ein Buch über das Erwachsenwerden und darüber, in was für einer Welt wir leben könnten, wenn Väter ihren Job machen würden und sich um ihre Familie kümmern würden.
Das Ergebnis ist gut. Dafür hat es sich gelohnt, dass die beiden Heldinnen sich den Bibliothekaren gestellt haben, die so gerne in der Nähe der schöngeistigen Literatur lauern und ihre Tentakel nach Besuchern ausstrecken.
Infos zum Buch:
Joseph Fink und Jeffrey Cranor
Willkommen in Night Vale
Klett Cotta Verlag
Leseprobe