„Beinahe wäre ich beim Joggen auf den Oliven auf der Straße ausgerutscht.“ S. 164
Ist so ein Satz nicht einfach dreist und gemein? Überhaupt erfordert die Lektüre von „Ein Jahr an der Côte d’Azur“ einiges an Charakterstärke und Gelassenheit. Andernfalls muss der Leser vor Neid in sein Lesezeichen beißen.
Oder sich damit trösten, dass die Aussicht vom Balkon der Wohnung in Nizza, in der Annika Joeres ein Jahr lang mit ihrem Freund lebt, zwar wunderschön, dafür jedoch die Wohnung selbst eine Bruchbude ist. Das war den beiden bei der Besichtigung vor lauter Meerblick gar nicht aufgefallen.
Annika Joeres schwankt zwischen Leben-im-Süden-Verzauberung und nüchternen Blick auf den Alltag als Expat – genau das macht das Buch für mich so authentisch. Sie schwärmt von Spaziergängen an der Strandpromenade und von Wanderungen im Hinterland und flucht über die unzuverlässige Internet-Verbindung, die ihre Arbeit als Journalistin behindert.
Auch sie wartet – wie anscheinend alle Schriftsteller in Südfrankreich – auf Handwerker und staunt über deren kreative Reparatur-Improvisationen. Danach geht sie zum Eis essen in die Altstadt von Nizza und lässt sich wieder vom Leben an der Côte d’Azur verzaubern, nur um sich anschließend Sorgen zu machen, dass sie ihre Zeit im Süden Frankreichs nicht genug auskostet.
Ich glaube, das würde bei mir so ähnlich aussehen. Nur als Rikschafahrerin hätte ich in Nizza sicherlich nicht gearbeitet!
Weitere Angaben zum Reisebericht:
Annika Joeres
Ein Jahr an der Côte d’Azur
erschienen in der Buch-Serie „Reise in den Alltag“
Herder Verlag
ISBN 978-3-451-06694-8
Pingback:Ein Buch, das gegen Provence-Weh und Frankreich-Vermissung hilft
Pingback:Hôtel Provençal. Eine Geschichte der Côte d'Azur - GeschichtenAgentin