Faszien. Haben wir schon immer genutzt und vor allem schon immer gespürt. Seit gut einem Jahr lesen wir auch eine Menge darüber. Doch alles, was ich bisher gelesen hatte, hat mich nicht so wirklich … abgeholt?
Abgeholt ist eigentlich ein Begriff, den man bei Romanen und Geschichten verwendet. Ich finde, er passt aber auch bei Sachbüchern und Ratgebern.
Die meisten Bücher und Artikel zu Faszien, Faszien-Training und der unvermeidlichen Blackroll, haben mich nicht in meinen eigenen Lebensumständen abgeholt.
Da ging es viel um Menschen, die durch den Park oder den Wald joggen. Mache ich nicht. Würde ich viel zu viel verpassen: Lichtreflexionen, Schmetterlinge, Vogelstimmen. Ich gehe lieber spazieren.
Faszientraining ist, so kam es mir bisher vor, etwas für Menschen, die Krafttraining machen. Oder ernsthaft Sport. Ich bewege mich gerne, verlasse aber den Saal, wenn es um Sport geht.
Trainiere die Faszien – das geht auch ohne Sport
Susanne Noll geht das Thema anders an. So anders, dass ich ihr zuhöre. Nicht nur das: ich beginne, Ratschläge von ihr in meinen Alltag zu integrieren.
Denn das ist genau das, was sie anders macht: sie holt Menschen in ihrem Alltag ab – in ihrem bewegungsarmen Alltag. Dort setzt sie an. Sitzen, stehen, gehen, tippen, telefonieren, bücken. Strecken nicht vergessen, eine Bewegung, die fast aus unserem Alltag verschwunden ist, seit wir nicht mehr Kind sind und uns zum Bonbon-Glas auf dem Küchenschrank gestreckt haben.
Es sind elementare Übungen, die sie uns vorschlägt. Vieles hat mit Spüren zu tun. Aber immer hat sie auch konkrete Vorschläge für Alltagsbewegungen, für Optimierungen, für Abwechslung im Bewegungs-Einerlei.
Die drei Komponenten des Faszientrainings
Das große AHA-Erlebnis hat sie mir beschert, indem sie das Faszientraining in drei Themenfelder unterteilt. Damit hat sie mir genau die Struktur gegeben, die mir bisher bei dem Thema gefehlt hat:
- Federn, Schwingen und Springen: für höhere elastische Speicherkapazität, mehr Elastizität und ein belastbares Fasernetz
- Dehnen: federnd und langsam-schmelzend, möglichst lange myofasziale Ketten, für mehr Elastizität, mit entzündungshemmenden Effekt
- Rollen und Selbstmassage: für Belebung der Bindegewebe-Matrix, gegen Verfilzungen und Verklebungen
(Zitat S. 97 – Susanne Noll, Aufrecht und geschmeidig. Mit gesunden Faszien beweglich und schmerzfrei bleiben)
Diese drei Trainingsfelder ergänzt Susanne Noll in ihren Empfehlungen um Spüren für eine feinere Körperwahrnehmung. Damit kann nicht nur ich etwas anfangen. Jeder, der schon Erfahrung mit Krankengymnastik oder Physiotherapie gemacht hat, kann ihre Übungen und Empfehlungen nachvollziehen.
Für mich hätte der theoretische Teil, der sehr gut verständlich und locker geschrieben ist, etwas kürzer sein können. Aber bei einem Gesamtumfang von 184 Seiten hält einem die Theorie nicht wirklich davon ab, schnell zu den Übungen zu gelangen. Genau diese Vorschläge zum Faszientraining sind das, was das Buch für mich auszeichnet: alltagsnah und leistungssport-fern und mehr Übungen, als ich bisher in den anderen Büchern entdeckt habe. Das verstehe ich, das kann ich umsetzen. Um genau zu sein: ich bin schon dabei!
Angaben zum Buch:
Aufrecht und geschmeidig
Mit gesunden Faszien beweglich und schmerzfrei bleiben
Mit einem Vorwort von Robert Schleip
Scorpio Verlag
ISBN 978-3-95803-096-1
Lust auf mehr Bewegung im Alltag, aber keine Lust auf Sport? Dann lies doch mal hier rein: