Es sind einfach zu viele Menschen, die in die Berge wollen. Wer einmal beim Wandern die Route erwischt hat, die im Zickzack unter dem Skilift auf den Berg führt, weiß, wovon Reinhold Messner in seinem Buch „Rettet die Berge!“ spricht. Im Sommer sind die Abfahrtshänge eine öde Mondlandschaft, im Winter überfüllt. Bergsehnsüchte stillen diese Brachen nicht.
Wer Ruhe und Einsamkeit in den Bergen sucht, muss suchen. Wandern in Gruppen, Gipfelbesteigung im Gänsemarsch und Downhill-Fahrten in einem Tempo, dass der Mountainbiker die Landschaft nicht mehr wahrnehmen kann – das ist alpine Normalität.
Es gibt also viel zu beklagen, was Messner eloquent und wohlklingend tut. Aber wie sieht es mit den Lösungen aus?
Wer braucht Lösungen, wenn er Geschichten haben kann?
Der Mensch möge sich bescheiden, der Massentourismus eingedämmt werden und ein Ehrenkodex für Bergsteiger soll es richten.
Konkreter wird Messner nicht. Aber das Buch hat ja auch nur 140 Seiten. Die sind schnell gelesen und halten interessante Beobachtungen bereit. Zum Beispiel, dass wir so viele gut trainierte Hobby-Sportler wie noch nie haben, die dann natürlich ihre Kräfte erproben wollen. Oder auch die Frage, ob es wirklich nötig ist, auf einem heiligen Berg bis zum Gipfel zu gelangen. Wäre es da nicht besser, die Besteigung kurz unter dem Gipfel enden zu lassen?
Es sind die Abschweifungen, die das Buch zum Lesevergnügen machen. Messner ist ein guter Geschichtenerzähler. Was mir jedoch fehlte, ist jegliche Spur von Selbstkritik. Er, Messner, sei nur für sein eigenes Tun verantwortlich. Da er ja „by fair means“ klettere, habe er seine Schuldigkeit getan. Wenn die Menschen ihm dann nacheifern, sei das deren Problem, nicht seines.
Dass seine Museen ein Magnet für den von ihm angeprangerten Massentourismus sind, blendet er völlig aus. Menschen wie ich können zum Beispiel sein Dolomiten-Museum sicherlich nicht „by fair means“, sondern nur mit Hilfsmitteln wie Straßen und Lifte erreichen. Will ich dorthin, schade ich dem Ökosystem Alpen und trage zum Klimawandel bei. Will ich nicht dort hin, ist das ein Verlust für das Unternehmen Messner.
Ob er dafür in seinem nächsten Buch Lösungen anbieten wird? Ich wage es zu bezweifeln, lese aber gerne wieder rein.
Infos zum Buch:
Reinhold Messner
Rettet die Berge!
Benevento Verlag
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