Es ist wohl eine Folge des Literaturcamp Heidelbergs, dass mich bei einem Roman immer häufiger nicht nur die Geschichte, sondern auch das Handwerk dahinter interessiert.
In einigen Sessions dort haben Autoren von ihrer Arbeit erzählt. Das nächste Mal muss ich mir unbedingt einen Vortrag zum Thema plotten anhören. Wie behalten Autoren eigentlich den Überblick über die Handlungsstränge?
Daran, dass ich darüber mehr wissen will, ist wiederum Ben Aaronovitch schuld. Seine Serie um Peter Grant, Zauberlehrling und Detective Constable in London, begann fulminant, ging pfiffig weiter und verlor sich dann in Nebenhandlungen, deren Sinn sich mir und anderen Lesern nicht erschloss. Offensichtlich war der Autor nicht mehr so ganz Herr seines eigenen Plots.
Mit dem Spin-off »Geister auf der Metropolitan Line« schöpfte ich wieder Hoffnung. Der Kurzroman hatte alles, was mich in der Anfangsphase der Serie begeisterte und war ein guter Grund, zum neuen Band »Die Glocke von Whitechapel« zu greifen.
Die Glocke von Whitechapel
Und jetzt würde ich gerne den Plot-Plan, nachdem dieser Roman geschrieben wurde, sehen! Ben Aaronovitch schafft es tatsächlich, so gut wie alle losen Handlungsstränge wieder zusammenzuführen. Außerdem sorgt er für logische Erklärungen für Phänomene, die bisher einfach so im Raum standen. Selbst das Rätsel um Mollys Herkunft klärt sich und – so viel sei verraten – sie wird am Ende des Buches nicht mehr alleine sein.
Auch die Gags sind wieder pointierter und dichter gestreut. Überrascht hat er mich mit einem Craft Beer Witz. Der Gag, dass die säureresistenten Sohlen von Doc Martens Stiefeln auch Leichenteilen von Vampiren widerstehen können, traf mich unerwartet. Ich werde meine Doc Martens nie wieder wie früher betrachten können!
Herzerwärmend fand ich die Szene, in der Peters Mutter für die gesamte Belegschaft der Sonderkommission afrikanisches Essen kocht – auch hier wurden Elemente der Serie zusammengeführt, die bisher einfach so nebeneinander existierten.
Alles in allem führt Ben Aaronovitch die Serie zu einem guten Staffel-Ende. Vielleicht geht es weiter, vielleicht aber auch nicht. Sollte es weiter gehen, muss nun nicht mehr unbedingt Peter Grant im Mittelpunkt stehen. Auch Leslie würde sich als Hauptfigur anbieten. Auch ein Spin Off, der in den USA spielt, wäre möglich – ich bin gespannt!
Infos zum Buch:
Ben Aaronovitch
Die Glocke von Whitechapel
Übersetzt aus dem Englischen von Christine Blum
Rezensionen zur Serie um Peter Grant auf meinem Blog:
- Wie alles begann: Wispern unter Baker Street
- Moderne Architektur ist böse: Der böse Ort
- Mit Peter Grant aufs Land: Fingerhutsommer
- Bonus-Geschichte: Geister auf der Metropolitan Line
Dringende Empfehlung: LitCamps besuchen!
Den Blick über den Tellerrand, aka LitCamp, kann ich sehr empfehlen. Buchmenschen begegnen sich auf Augenhöhe, tauschen Wissen aus und erweitern ihren Horizont. Hier findet ihr mehr Infos: